Die Bundestagswahl im Harz-Blickwinkel – und eine ganz besondere Kandidatin

Harzletter, der Einhundertachtundzwanzigste.

Normalerweise bin ich beim Harzletter nicht politisch unterwegs, aber die Bundestagswahl vergangenes Wochenende verdient schon ein bisschen Aufmerksamkeit. Denn im Harz gab es ziemlich bemerkenswerte Ergebnisse und Reaktionen.

128 bundestag titel

„Die geteilte Republik“ titelte die Mitteldeutsche Zeitung am Dienstag nach der Wahl, und ein flüchtiger Blick auf die Deutschlandkarte mit den Zweitstimmen-Mehrheiten genügte: Der Westen schwarz mit ein paar roten, grünen und blauen Einsprengseln, der Osten blau bis auf Berlin und einem einsamen Thüringer Wahlkreis.

Der Bundestagswahl-Blick in die Harz-Wahlkreise offenbart die großen Unterschiede – obwohl es sich praktisch um ein Gebiet handelt.

Im Ostharz ist das der Wahlkreis 68 (Harz), im Westharz der Wahlkreis 52 (Goslar – Northeim – Göttingen II). Die Zeitstimmen-Ergebnisse gegenübergestellt:

AfD: 37,0 (Ost) / 20,0 (West)
CDU: 19,6 / 27,9
SPD: 11,5 / 24,9
Grüne: 3,8 / 8,7
Linke: 10,1 / 6,9
BSW: 11,7 / 3,9
FDP: 2,7 / 4,0

Bei den Direktkandidaten für den Bundestag wurde im Osten Christina Baum (AfD) mit 39,0 Prozent gewählt, im Westen gewann sehr knapp Frauke Heiligenstadt (SPD) mit 30,4 Prozent der Stimmen.

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Bei Christina Baum gab es ein paar Reaktionen, die über das bekannte AfD-Bashing hinaus gingen. Denn: Sie war als Kandidatin durchaus ungewöhnlich, da sie bis vor ihrer Kandidatur mit dem Harz nichts zu tun hatte. Landrat Thomas Balcerowski (CDU), der ja qua Amt mit ihr zusammen arbeiten muss, sagte laut Mitteldeutscher Zeitung: „Die kennt den Harz von Postkarten und will dann im Kreistag gleich große Reden schwingen.“ 

Kommentare zur Bundestagswahl

Volksstimme-Regiodesk-Leiter Ingo Kugenbuch bezeichnete in seinem Bundestagswahl-Kommentar den Sieg von Baum als das „denkbar schlechteste Wahlergebnis“. Und Redakteur Dennis Lotzmann kommentierte skeptisch: „Ob es gut ist, wenn eine Baden-Württembergerin, die maximal ihren Nebenwohnsitz in den Harz verlegen will – vielleicht aber auch nur ein Büro hier aufmacht – , nun die Region vertritt, wird man sehen. Ihre politische Position kommt hinzu: Baum ist nicht gemäßigt, sondern wird vom Verfassungsschutz Baden-Württemberg seit Jahren als rechtsextrem eingestuft.“ Starke Worte, vor allem, weil man damit sicher auch Leser verprellt, die die AfD und auch Christina Baum gewählt haben. Respekt für so eine klare Haltung der Redaktion – auch wenn sie damit riskiert, weitere Abonnenten zu verlieren.

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Christina Baum hat übrigens auf den Kugenbuch-Kommentar öffentlich reagiert: „Sie scheinen nicht zu wissen, dass die gestrige Wahl eine Bundestagswahl war, die ich mit überdeutlicher Mehrheit gewonnen habe. Er geht also darum, die Interessen der Harzer Bürger bei Themen mit bundesdeutscher Relevanz zu vertreten. Vielleicht können Sie mir ja erklären, was die Thüringer von den Harzern bei Themen wie Frieden, Innere Sicherheit, Migration, Energieversorgung, Windrädern im Wald, Arbeitsplatzverlust, Inflation oder der Gesundheitsversorgung unterscheidet? Sie können sicher sein, dass ich die Harzer Bürger bei all den genannten Themen mit Kompetenz und Leidenschaft vertreten werde.“

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Das deutet nicht auf harmonische Zeiten hin.

Egal wie man zur AfD steht, ist es zumindest ungewöhnlich, eine Ortsfremde als Kandidatin zu nominieren. Da sie dennoch gewählt wurde, hier noch ein paar Wikipedia-Informationen zu Christina Baum (Ich weiß, ich weiß, im Internet wird viel Unsinn erzählt, aber unterm Strich ist Wikipedia eine ziemlich gute Quelle). Der Einfachheit halber ein paar Zitate im Original:

Zitate aus Wikipedia-Eintrag

Christina Baum (geb. Sauser; geboren am 21. März 1956 in Kleingrabe/Thüringen). Nach dem Abitur 1974 an der Erweiterten Oberschule in Mühlhausen/Thüringen studierte sie bis 1976 Zahnmedizin an der Karl-Marx-Universität Leipzig und im Anschluss an der Medizinischen Akademie Erfurt. Sie schloss 1979 das Studium als Diplom-Stomatologin ab und begann eine Weiterbildung zur Fachzahnärztin für Allgemeine Stomatologie an der Poliklinik Mühlhausen, die sie 1984 beendete. Von 1983 bis 1989 arbeitete Baum als Betriebszahnärztin im VEB Obertrikotagen „Mülana“.

Baum stellte 1985 einen Ausreiseantrag aus der DDR, der vier Jahre später bewilligt wurde. Nach ihrer Ausreise in die Bundesrepublik wurde sie 1990 an der Universität Würzburg promoviert. Sie führt seit 1992 gemeinsam mit ihrem Mann eine Zahnarztpraxis in Lauda-Königshofen.

Baum ist seit 2013 Mitglied der Alternative für Deutschland und seitdem Vorsitzende des AfD-Kreisverbandes Main-Tauber. Von Juni 2013 bis März 2017 war sie außerdem stellvertretende Vorsitzende des AfD-Landesverbandes Baden-Württemberg.

Baum gilt als eine enge Vertraute von Björn Höcke und – als eine der Erstunterzeichnerinnen der sogenannten Erfurter Resolution – süddeutsche Stimme des rechtsextremistischen Flügels.

Bei der Bundestagswahl 2021 im Herbst bewarb sich Baum im Bundestagswahlkreis Odenwald – Tauber und zog über die Landesliste der AfD Baden-Württemberg in den 20. Deutschen Bundestag. Sie wurde Mitglied im Ausschuss für Gesundheit.

Als Direktkandidatin in den Harz gewechselt

Auf dem Aufstellungsparteitag der AfD Baden-Württemberg zur Bundestagswahl 2025 in Ulm im Oktober 2024 wurde Baum nicht erneut auf die Landesliste gewählt. Sie trat stattdessen im Bundestagswahlkreis Harz in Sachsen-Anhalt als Direktkandidatin an.

Eines ihrer politischen Hauptanliegen ist die nach eigener Aussage in Deutschland durch eine „Meinungsdiktatur“ bedrohte Meinungsfreiheit. Baum verwendet Begriffe wie „Umvolkung“ oder „Bevölkerungsaustausch“ und taucht in einem Gutachten des Verfassungsschutzes zur AfD mehrfach auf. Nach Ansicht Baums bewirkt die Flüchtlingspolitik von Bündnis 90/Die Grünen einen schleichenden Genozid an der deutschen Bevölkerung. Im November 2023 unterstellte Baum auf Telegram den „derzeit Herrschenden“, eine „Agenda“ gegen das deutsche Volk zu verfolgen. In ihrer ersten Bundestagsrede am 7. Dezember 2021 sprach Baum von Corona-Maßnahmen als „Terror“, „Willkür“ und „Knechtschaft des Volkes“.

Vergangene Woche ging es zum Faschings-Eisbaden nach Hasselfelde.

Über den Stand bei den Umbauarbeiten beim Quedlinburger Stiftsberg geht es hier.

Hier fand das Amateur-Casting für das Walpurga-Musical statt.

Dann gibt es eine Winter-Wander-Runde rund um Treseburg und das Bodetal

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