Harzletter, der Einhundertdreiundzwanzigste.
Der Schnee reicht kaum noch für Wintersport – deswegen zur Abwechslung eine Runde zu Fuß: rund um die Bode mit den beiden Aussichtspunkten Böser Kleef und Wilhelmsblick.

Das Wander-Highlight ist ein Tunnel: 22 Meter lang, niedrig, eng und ein bisschen unheimlich. Er geht von der L 93 kurz vor Treseburg ab und öffnet den Weg zum Wilhelmsblick, einem Aussichtspunkt, wie er im Bodetal wohl einmalig ist. Und im Bodetal gibt es viel spektakuläre Aussichten.

Dieser Tunnel wurde 1861 vom Straßenbaumeister Wilhelm angelegt – daher der Name. Eine Besonderheit: Man muss sich schon von Treseburg aus zu Fuß auf den Weg machen, denn Parkplätze gibt es nicht. Wenn man dann hindurchgeht und ein paar weitere Stufen nach oben steigt, erblickt man tief unten auf beiden Seiten des Höhenzuges die Bode. Sie beschreibt rund um Treseburg eine Schleife, die genau hier ihre engste Stelle hat.
Winterwandern im Harz ist ein besonderes Vergnügen. Der gefrorene Schnee, die Stille auf den Wegen, die kalte klare Luft. Ich habe mir eine Strecke ausgehend von Altenbrak im Bodetal ausgesucht. „Böser Kleef“, schon den Namen dieses weiteren Aussichtspunktes fand ich verlockend (und leider konnte ich keinen Hinweis auf dessen Herkunft finden – was ist da bitte „böse“?), von da aus sollte es weitergehen über Todtenrode, besagten Wilhelmsblick, nach Treseburg und zurück zum Ausgangspunkt. Gut zwölf Kilometer, eingestuft als mittelschwer.
Im Winter gelten ein paar zusätzliche Regeln. Gute Kleidung sowieso, unverzichtbar sind Spikes und Stöcke. Denn an vielen Stellen ist der Weg spiegelglatt, der geschmolzene Schnee ist über Nacht oft gefroren – mit normalen Wanderschuhen kommt man da nicht weit.

Von Altenbrak geht es am Ortsausgang gleich einmal steil bergauf in den Wald hinein. Die Warnungen vor herabfallenden Ästen und umstürzenden Bäumen nehmen wir zur Kenntnis – es ist windstill und sonnig, die Gefahr sollte überschaubar sein. Aber es ist deutlich zu sehen, dass in den vergangenen Wochen einiges los war: kreuz und quer liegen umgestürzte Bäume herum, die Wege sind halbwegs freigeräumt, aber da bleibt noch viel zu tun.



Nach einigen Hundert Metern hoch oberhalb des Tals hört der Wald auf, eine Abzweigung führt zum Bösen Kleef. Dieser Kleef ist trotz des Namens ganz harmlos: eine Schutzhütte mit zwei Bänken davor und einem idyllischen Blick auf Altenbrak und das umgebende Tal.
Kurze Pause, dann weiter nach Todtenrode. Ein ebener, baumloser Weg, links ragt der Brocken klar und deutlich auf, der ist halt immer irgendwie dabei.

In Todtenrode grüßt ein riesiges Herz am Ortseingang den Wanderer, und beim „Alten Forsthaus Todtenrode“ steht ein kapitaler Hirsch im Vorgarten und animiert zur Einkehr. Die verkneife ich mir und bleibe auf dem Rundweg.

Und es wird wieder idyllisch: Die Wintersonne scheint tiefstehend durch die Bäume, der Schnee glitzert, der Atem erzeugt kleine Wolken. Dann, hinter einem Linksknick, steht da unvermittelt eine Art Hinkelstein, rund drei Meter hoch und sehr effektvoll von hinten angeleuchtet: das Denkmal des Forstmeisters Johann Georg von Langen. „Wow“, denkt man unwillkürlich, „hier wurde richtig hingelangt.“

Auf den Tafeln ringsum wird erklärt, dass der Forstmeister überragende Verdienste um die Harzwälder hat. Er hat als erster im 18. Jahrhundert so etwas wie Forstwirtschaft betrieben und den ziemlich herunter gekommenen Wald wieder saniert – eher nebenbei hat er bei Braunlage auch den Kartoffelanbau im Harz eingeführt.
Ein schmaler vereister Pfad zum Wilhelmsblick
Dann führt der Weg bergab zurück Richtung Bode, und jetzt wird es knifflig. Denn es geht auf einem schmalen Fußweg durch den Wald immer am Abhang entlang. Normalerweise kein Problem, aber wegen der vielen vereisten Stellen geht es trotz Spikes nur langsam voran. Kaum zu glauben, aber wirklich passiert: Das Geräusch hinter mir ist ein Mountainbiker, der diesen vereisten Pfad mit dem Rad befährt. Das muss man sich auch erst mal trauen.

Zum Glück endet der Waldweg bald auf der Landstraße und das am Anfang beschriebene Highlight Wilhelmsblick kommt näher. Hier ist der Harz genau so, wie man ihn mag: ein bisschen schroff, ein bisschen dunkel und unheimlich, dabei mit überraschend schönen Ecken und Ausblicken. Und dieser Ausblick mit Wanderstempel ist den Weg durch den Wilhelmsblick-Tunnel allemal wert.






Zurück auf der Landstraße ist der Rest des Weges eher ein Spaziergang immer die Bode entlang. Schnell ist Treseburg erreicht – wo man in mehreren Gasthöfen und Hotels wunderbar einkehren kann – von dort geht es links der Bode auf dem Harzer Hexenstieg zurück nach Altenbrak.
Auch hier gibt es reichlich umgestürzte Bäume und man muss im Slalom seinen Weg finden. Aber es gibt keine unüberwindliche Stelle und ein bisschen Kletterei zwischendurch macht sogar Spaß. Die Bode fließt ruhig rechts unter dem Weg, es ist still und merklich kälter, weil die Sonne inzwischen verschwunden ist. Eiszapfen hängen an den Felsen. Man hört nur das Geräusch des Wassers und ab und zu sehr entfernt ein Auto.
Nach rund drei Kilometern komme ich zurück zum Ausgangs-Parkplatz. Schöner Weg, schöner Wilhelmsblick, schönes Winter-Erlebnis.

Und weil die Redakteure der Mitteldeutschen Zeitung schnell sind, haben sie meine kleine Runde auch gleich – nämlich heute zum Wochenende – auf einer ganzen Seite abgedruckt. Auch schön.
—
Vor einer Woche war ich mit dem Rad bei Buttlars Grab am Ballenstedter Schloß.
Davor war Ski-Langlauf in der Ackerloipe angesagt.
Hier ging es um die Restaurierungen in Quedlinburg: Stiftsberg und Fleischhof.
Dann feierten wir Bergweihnacht auf der Grube Glasebach.
Hier geht es zurück auf die Startseite.
—
Auf Instagram findet der Harzletter auch statt: www.instagram.com/harzletter.de/