Harzletter, der Einhundertfünfundzwanzigste.
Hochoffizielles Pressegespräch mit dem Quedlinburger Oberbürgermeister Frank Ruch und Christoph Carstens, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde.

Es ging um den Stand der Renovierungen und Umbauten auf dem Stiftsberg, die lokale Presse und das Fernsehen waren da und ich saß als Harzletter-Schreiberling auch mit am Tisch. Und dieser Tisch und dieses Zimmer, in dem sonst die Ratssitzungen stattfinden, haben Stil, Charakter und stellen was dar: Welterbe eben. Holzvertäfelte Wände, Kamin, Butzenscheiben mit Premium-Blick auf den Marktplatz. Sehr repräsentativ.
„Das Museum auf dem Stiftsberg wird in der Champions League spielen“, prophezeite Frank Ruch ziemlich vollmundig. Nachdem am 17. Dezember ein erster öffentlicher Einblick in die massiven Umbau- und Renovierungsarbeiten möglich war – mein Text dazu siehe hier – geriet der Bürgermeister geradezu ins Schwärmen: „Ich bin Ur-Quedlinburger und kenne mich wirklich aus, aber als ich dort durchgegangen bin, habe ich soviel mir Unbekanntes entdeckt. Das Museum und die gesamte Anlage wird auch für Einheimische ganz neue Einblicke geben.“

Der Quedlinburger Stiftsberg (oder auch Schlossberg) ist von seiner Historie viel mehr als noch ein Berg mit noch einer Kirche beziehungsweise Schloss. Im Mittelalter war das ein europäischer Hot-Spot, etliche Kaiser waren regelmäßig zu Gast, Heinrich und Mathilde sind sprichwörtlich, und für manche Historiker ist Quedlinburg so etwas wie die erste Hauptstadt des gerade entstehenden Deutschen Reiches.
Seit Jahren ist der Berg eine große Baustelle; nachdem 2003 entdeckt wurde, dass er instabil geworden ist, musste er zunächst wieder sicher gemacht werden. Danach folgte – nachdem man eh schon dabei war – die Renovierung vor allem des Museums und der Stiftsgebäude. Da war über Jahrzehnte nahezu nichts gemacht worden, entsprechend groß war der Aufwand und entsprechend teuer. Rund 30 Mio. Euro werden insgesamt in die Hand genommen. Aus verschiedenen Fördertöpfen kommt etwas mehr als die Hälfte der Summe, den Rest, rund 14 Mio. muss die Stadt aufbringen. Keine Kleinigkeit, aber laut Frank Ruch machbar.

Bei der Kalkulation spielt natürlich eine Rolle, dass der „neue“ Stiftsberg auch neue Besucher anziehen wird, insgesamt die Attraktivität Quedlinburgs steigern dürfte, und das investierte Geld langfristig wieder zurück fließen wird.
Das Museum wird natürlich auf neuestem Stand sein – eben Champions League – aber es soll, so Kurator Elmar Egner, nicht mit Technik vollgestopft werden, sondern „die Welt des ehemaligen Stiftes erlebbar machen“.
2026 soll der Stiftsberg neueröffnet werden
Einen Wunsch-Starttermin gibt es auch schon: Ostern 2026 soll der runderneuerte Stiftsberg die Türen wieder öffnen. Frank Ruch: „Das ist eng und ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich.“
Bei allen Plänen und Baumaßnahmen hat die Evangelische Kirche ein gewichtiges Wort mitzureden. Denn die Verhältnise auf dem Stiftsberg sind kompliziert. Zum einen ist die Stadt Eigentümerin des Berges und seiner Gebäude, zum anderen ist die Gemeinde für die Stiftskirche und die „geistliche Arbeit“ zuständig. Dazu gehört auch die Zuständigkeit für den bedeutenden Domschatz, der auch in Zukunft weiter in der Kirche gezeigt werden wird.
Pfarrer Christoph Carstens pocht auf diese Zuständigkeit, aber beiden Seiten ist bewusst, dass man nur gemeinsam gute Lösungen finden kann. So einigte man sich darauf, dass in Zukunft die Besichtigung von Kirche und Museum durch einen Eingang und mit einem Ticket möglich ist, der Preis dafür muss noch gefunden werden. Christoph Carstens: „Durch die Ticket-Einnahmen müssen die Unterhaltskosten für die Stiftskirche wieder reinkommen.“
Außerdem in der Diskussion: Der Zugang zum Stiftsberg
Es gibt Überlegungen, schon für den Weg hoch zu Kirche und Museum Eintrittsgeld zu verlangen; die Kirchengemeinde besteht auf der Möglichkeit, kostenfrei den Gottesdienst besuchen zu können – schließlich ist die Kirche nicht nur historisches Denkmal sondern gleichzeitig ganz normale Pfarrkirche.
Aber bei rund 1,5 Millionen Tagesgästen und etlichen Hunderttausend, die mehrere Tage bleiben, wachsen auch die Begehrlichkeiten. Noch ist nichts entschieden – auch die Höhe des Eintrittspreises für Museum und Stiftskirche ist noch offen. Und ob für den durchaus mühsamen Weg auf den Berg noch eine Extra-Gebühr akzeptiert werden wird, ist keine Selbstverständlichkeit.
Man sieht: Es gibt noch reichlich Regelbedarf.
Aber davon abgesehen: Der Berg wird ein Highlight, nicht nur für Quedlinburg. Der Spruch mit der Champions League ist sooo übertrieben nicht. Ein ähnlich geschichtsträchtiges Ensemble, wo ähnlich viel zu sehen und zu erleben ist, muss man erst einmal finden.


Eine besondere, sehr sichtbare Neuerung gibt es in den Stiftsgärten jetzt schon zu sehen: Das ehemalige Teehaus, ein wirklich schöner Pavillon, wird wieder aufgebaut. Gerade wurde Richtfest gefeiert – und man sieht jetzt schon, dass es eine wunderbare nicht nur optische Bereicherung des gesamten Stiftsbergs sein wird. Ich freu mich jetzt schon auf wärmere Tage, wenn er hoffentlich freigegeben und begehbar sein wird.



Natürlich waren bei dem Rathaus-Termin auch diverse Fernsehsender (NDR, MDR) dabei. Frank Ruch musste im Dauereinsatz Fragen in die Kameras beantworten und ich konnte eine Weile beobachten, wie routiniert und gekonnt er diese Bürgermeister-Aufgabe erledigte. Das gehört dazu, wenn man die Welterbestadt repräsentiert – aber man muss es auch können. Der OB kann.
Und am nächsten Tag, als die Sonne schien und ich über den Marktplatz laufe, wen sehe ich: Frank Ruch in Begleitung eines Kameramannes und einem Fragesteller in Vorbereitung auf die nächste Aufnahme. Die Show muss weitergehen, für die Stadt und den Stiftsberg kann man die Medien gar nicht genug bedienen.
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Vergangene Woche fand hier das Amateur-Casting für das Walpurga-Musical statt.
Hier ging es auf eine Winter-Wander-Runde rund um Treseburg und das Bodetal
Davor war Ski-Langlauf in der Ackerloipe angesagt.
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