Harzletter, der Einhundertvierundzwanzigste.
Langsam naht Walpurgis, der höchste Feiertag im Harz. Ein wirklich besonderes Ereignis in diesem Zusammenhang ist die Uraufführung des Walpurga-Musicals im runderneuerten Harzer Bergtheater in Thale. Die findet zwar erst am 31. Mai statt – also genau einen Monat nach der eigentlichen Walpurgisnacht – aber wird alle anderen Harzer Hexen-Ereignisse weit überstrahlen. Und das auf Jahre hinaus.

Da wird kein besseres Laientheater inszeniert, bei Walpurga geht es hochprofessionell zu. Und nach der Premiere wird die Show in diesem Jahr drei Monate lang insgesamt 16 mal aufgeführt. Klotzen, nicht kleckern.
Vergangenen Sonntag fand in Thale im Klubhaus in der Walpurgisstraße (!) das Casting der Laiendarsteller und Statisten statt (die Profis stehen bereits fest). Ich war für die Volksstimme und die Mitteldeutsche dabei. Hier ist mein Text:

Heiterkeit beim Walpurga-Casting-Auftritt
Als Marloes Tadje zum zweiten Mal die Bühne betritt, um sich mit dem vorbereiteten Text zu präsentieren, geht ein leichtes Raunen durch die Jury. Denn die 25-jährige Quedlinburgerin fängt nicht gleich mit ihrer Rolle an, sondern stellt erst einmal einen kleinen Kräutertopf vorn am Bühnenrand ab. Dass jemand die eigenen Requisiten mitbringt, ist eigentlich nicht vorgesehen, sorgt aber für Heiterkeit.
Dann legt Marloes los: Mit dem Monolog einer kräutersammelnden Hexe – deswegen der Topf –, die laut schimpfend im Wald unterwegs ist. Direkt danach eine zweite Szene, in der es um einen Dialog zwischen zwei Hexen und um Karten geht, die vor sehr langer Zeit geschrieben wurden. Auch hier ist Marloes vorbereitet; als sie temperamentvoll eine Karte aus ihrem Korb zieht, rieselt sogar etwas Staub und weißes Pulver auf den Bühnenboden.
Und als sie nach ihrem Vorsprechen tatsächlich mit eigenem Kehrblech und Handfeger zurückkehrt, um ihre Spuren zu beseitigen, bricht die Jury sogar in lautes Gelächter aus. Marloes Tadje beweist Humor und Ideen – nicht die schlechtesten Voraussetzungen für einen Walpurga-Bühnenauftritt.
Ein bisschen gelangweilt, ein bisschen aufgeregt
Thale, Sonntagnachmittag im Klubhaus in der Walpurgisstraße: Rund 50 Bewerberinnen und Bewerber sitzen ein bisschen gelangweilt, ein bisschen aufgeregt im großen Warteraum. Alle tragen Nummern unterhalb der Schulter; sie sind hier, weil sie sich als Amateur oder Statist für eine Rolle im Walpurga-Musical beworben haben. Gleich nebenan wird es ernst. Da ist die Bühne und da sitzt die Jury, die alle nacheinander einzeln begutachtet. Das dauert und zerrt an den Nerven – Bühnenarbeit besteht nun mal zum größten Teil aus Warten.
Gefragt sind Fähigkeiten im Singen, Schauspielern und Tanzen; am besten alles zusammen oder zumindest ein Teil davon. Und wer sich gar nichts davon zutraut und einfach nur im Bühnen-Hintergrund herumstehen oder hinter den Kulissen mithelfen will, ist ebenfalls willkommen.
Denn es soll „menscheln“, so Regisseur Ronny Große, die Amateure seien genau so wichtig wie die bereits engagierten Profis. „Unser Ziel ist, dass wir eine Einheit bilden und man bei der Aufführung nicht zwischen Profis und Amateuren unterscheiden kann.“ Hohe Ansprüche.
Vor der Bühne sitzen in langer Reihe insgesamt neun Jurymitglieder. In der Mitte das sogenannte Kreativteam mit Oliver Vogt als musikalischer Leiter, Choreografin Eveline Gorter, Autor und Komponist Enrico Scheffler und Ronny Große als Ensembleleiter, Regisseur und Geschäftsführer der Bodetal GmbH, die zusammen mit dem Theater Fairytale das Projekt Walpurga stemmen will.
Zwischen all den Kreativen ein Gesicht aus der Politik: Bürgermeister Maik Zedschak verbringt seinen Sonntag ebenfalls im Klubhaus in Thale. „Es gibt unangenehmere Termine“, lacht er und erzählt von seiner Verbundenheit mit dem Bergtheater. „Ich bin immerhin 19 Jahre lang Marketing-Chef und habe auch selbst bei Carmen und dem Weißen Rössl auf der Bühne gestanden“, berichtet er. Maik Zedschak schaut nicht nur zu, er stimmt auch mit ab wer nach dem Casting zu den Proben eingeladen wird.
Das Walpurga-Musical und der Ausbau von Bergtheater und Hexentanzplatz sei eine große Chance für Thale, sagt er. „Dort wurden 27 Mio. Euro investiert, wir haben jetzt eine supermoderne Spielstätte, im Mai ist die offizielleEinweihung und mit der Walpurga-Premiere am 31.05. geht es los.“ Zedschak hofft auf viele ausverkaufte Vorstellungen, immerhin hat das Theater Platz für gut 1900 Besucher.
Bevor es soweit ist, müssen die Darsteller und die Statisten bestimmt werden.
Da auch Tanz eine wichtige Rolle spielt, kommt zwischen den Einzelauftritten Choreografin Eveline Gorter zum Zug. Sie übt im Hintergrund mit den Tanz-Interessierten eine kurze Schrittfolge ein, die anschließend in Kleingruppen auf den Bühne präsentiert wird.

Eveline Gorter spricht begeistert von dem Walpurga-Stoff: „Das ist ein wunderbares Projekt. Die Choreografie ist dabei gar nicht so schwierig, die Herausforderung ist die große Open-Air-Bühne mit dem Erdboden und den verschiedenen Ebenen.“
Auf jeden Fall sieht man beim anschließenden Vortanzen deutlich, wer sich temperamentvoll im Rhythmus bewegt und wer trotz Enthusiasmus eher hüftsteif und selten im Takt unterwegs ist. Regisseur Ronny Große: „Wir haben hier die ganze Bandbreite, das ist völlig ok. Insgesamt bin ich sehr zufrieden.“
Eine der Vortänzerinnen ist Magdalini Koni, 17 Jahre alt, Mitglied bei Fairytale und ein echtes Energiebündel. Man merkt ihr die Freude an der Bewegung an; die eben erst gelernten Schritte hat sie locker drauf. „Ich hoffe, ich werde genommen“, erzählt sie nachher, „außer beim Tanz würde ich auch gern beim Schauspiel mitmachen.“ So wie sie träumen alle vom Auftritt auf der Bühne in Thale und manche auch von einer Karriere darüber hinaus. Maik Zedschak bleibt auch in der Hinsicht optimistisch: „Warum sollte da nicht jemand entdeckt werden? Bei diesem tollen Theater und mit der Erfahrung bei Fairytale ist vieles möglich.“
Elias Große gehört auch zum Fairytale-Nachwuchs und hofft ebenfalls auf eine Rolle. Der 17-Jährige lebt in Thale, geht noch zur Schule und war schon bei einigen Stücken dabei. „Singen kann ich weniger, aber als Schauspieler traue ich mir was zu.“ Bei der Probe tritt er selbstbewusst auf, die Bühnenerfahrung ist ihm anzumerken.
Ob es reicht? Regisseur Ronny Große hütet sich, vorab irgendwelche Andeutungen zu machen. „Wir besprechen das in den nächsten Tagen gemeinsam und treffen dann die Auswahl. Das wird schnell gehen, denn schon in dieser Woche beginnen die richtigen Proben.“
Und dann soll ab Mai Walpurga ein ganz großes Musical-Ereignis werden – nicht nur in diesem Jahr. Die jetzt anstehende Premiere ist lediglich der Auftakt, Fortsetzungen der Walpurga-Geschichte sind in den kommenden Jahren geplant und in Arbeit. In Thale sind die Hexen jetzt richtig los und vielleicht sind auch Marloes, Magdalini und Elias dann Teil einer Musical-Erfolgsgeschichte.
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Vor einer Woche war ich auf einer Winter-Wander-Runde rund um Treseburg im Bodetal unterwegs
Davor ging’s mit dem Rad zu Buttlars Grab am Ballenstedter Schloß.
Davor war Ski-Langlauf in der Ackerloipe angesagt.
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Auf Instagram findet der Harzletter auch statt: www.instagram.com/harzletter.de/