Harzletter, der Einhundertfünfunddreißigste.
Als erstes erkenne ich Rammelsberg. Das Goslarer Welterbe-Bergwerk baut sich treppenförmig auf – ganz wie auf den bekannten Fotos. Überragt von drei Kindern, die per Knopfdruck irgendetwas in Bewegung setzen. Kleiner Harz – gleich nebenan folgen ein paar Schlösser und Burgen. Blankenburg, Herzberg, Falkenstein, alles da. Jetzt schnell rüber nach Wernigerode, das Rathaus und die umliegenden Fachwerkhäuser anschauen. Und daneben steht der Brocken, unverkennbar mit dem rot-weißen Funkmasten und der Sendestation.


Der Harz im Schnelldurchgang und im Format 1:25, komprimiert auf einer Fläche von rund eineinhalb Hektar. Als Zugabe dampft ein Modell der Schmalspurbahn über weit verzweigte Gleisanlagen. Also genau das Richtige für große und kleine Kinder. Entsprechend ist der Andrang des staunenden Publikums gleich zur Saison-Eröffnung Anfang April.
Das Ganze nennt sich „Kleiner Harz“ oder Miniaturenpark, liegt am Stadtrand von Wernigerode und ist eine ziemlich geniale Idee, die als Arbeitsförderungsmaßnahme begann. Zeitweise bauten über 100 Beschäftigte an einer Minilandschaft – aber es sollte nicht das übliche London, Paris, Rom werden, sondern die Highlights der Gegend rundum. Dann fand 2006 in Wernigerode die Landesgartenschau statt, und in deren Anschluss wurde überlegt, wie das Gelände in in Zukunft genutzt werden könne. Und da kamen neben dem Bürgerpark die Miniaturen gerade recht.

Heute stehen dicht gedrängt 60 Objekte auf der Kleiner-Harz-Fläche; die Highlights der Region sind von der Stabkirche in Hahnenklee bis zum Josephskreuz in Stolberg nahezu komplett versammelt.
Kleiner Harz: Ordnungshüter passen auf
Zwischen den Besuchern tauchen immer wieder Frauen und Männer in blauen Jacken auf. Sie sind die Ordnungshüter, die darauf achten, dass die Modelleisenbahnen wirklich fahren, die Burgen, Schlösser und Stadtlandschaften nicht als Spielzeugland mißbraucht werden, und nicht allzu heftig die Stabilität der Objekte überprüft wird.

Auf welche Besucher muss man am meisten achtgeben? Ich werde aufgeklärt: „Ganz eindeutig auf die Älteren. Die Kinder sind meist verständig und reagieren auf Ansprache sofort. Aber wir hatten hier schon Rentner, die an den Aufbauten gerüttelt und sie dabei beschädigt haben.“
Alle Modelle sind in aufwändiger Handarbeit gefertigt; es gibt keine Harz-Bausätze in diesem Format. Und sie sind wetterempfindlich – regen und Sonne setzen dem Material zu, jeden Winter werden ein oder zwei Objekte komplett renoviert. „Im der kommenden Winterpause ist der Stiftsberg von Quedlinburg dran, da muss renoviert und die Neugestaltung berücksichtigt werden.“
Für diese Arbeiten gibt es jetzt zwei hauptamtliche Mitarbeiter; aus dem ehemaligen Arbeitsbeschaffungsprojekt ist längst eine GmbH geworden, die sich selbst tragen und finanzieren muss. Die bietet, für alle, die es ganz genau wissen wollen, regelmäßig Führungen „Hinter den Kulissen im Kleinen Harz“ an. Dabei wird ein Blick in die Modellbauwerkstatt, Hintergrundwissen über 3D-Druck und die Pflege der Modelle geboten. Die Termine stehen auf der Webseite der Anlage.

Das Konzept geht bisher auf; der Miniaturenpark ist bei schönem Wetter voll, und der angrenzende Bürgerpark zieht ebenfalls große und kleine Besucher an. Dort hängen die Ostereier in den Bäumen, es gibt üppig blühende Blumenflächen, einen Aussichtsturm mit Hängebrücke, einen Steinweg über den angrenzenden See und überhaupt reichlich gut gemachte Spiel-Möglichkeiten. Aussichtsturm und die anschließende Hängebrücke sind nichts für Höhenängstliche, aber gerades deswegen echte Anziehungspunkte. Der Eintritt für beide Bereiche kostet für Erwachsene 10 Euro – das fühlt sich fair und angemessen an.



Natürlich sind Ess- und Trink-Kioske vorhanden, dazu eine große Gaststätte, und allerhand Nützliches und Überflüssiges für den eigenen Garten kann man auch kaufen.
Bei all den wirklich guten Marketing- und Gestaltungsideen ist dann irgendwie beruhigend, dass die einfachen Ideen immer noch die besten bleiben: Etwas abseits am Rande des Miniaturenparks blinkt auf einem großen Spielzeugbagger ein gelbes Warnlicht. Hier kann der Nachwuchs-Baggerfahrer auf den Sitz klettern und selbst in einem Sandhaufen, der durch Gitter abgetrennt ist, herumwühlen. Das hat wenig mit der Idee des kleinen Harzes zu tun, übt aber trotzdem eine magnetische Anziehung aus.

Kein Dreijähriger, der hier nicht baggern oder zumindest zuschauen will. Und es sind ausschließlich Jungs, die sich um den Sandhaufen drängen und ebenfalls auf den Baggerführersitz wollen.
Im Streichelzoo sind dann wieder Mädchen und Jungen gleichermaßen vertreten; den Ziegen und Wollschweinen ist es ziemlich egal, wer ihnen gerade den Rücken krault.
Wem das noch nicht reicht, der kann auch noch mit der Murmelbahn spielen, sich im Zauberwäldchen verstecken oder sich auf einem der zehn Spielplätze verausgaben. Wobei das gesamte Gelände eigentlich ein einziger großer Erwachsenen- und Kinderspielplatz ist. Der ganze Harz in ein paar Stunden – hier wird er angeboten.
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Vergangene Woche besuchten wir den Landschaftspark Spiegelsberge und die Klusberge bei Halberstadt.
Davor bereiteten wir uns auf Walpurgis, die Nacht der Nächte vor.
Hier besuchten wir das DDR-Museum in Thale.
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