53 Kilometer Lust und Leiden – das war die Harzquerung 2025

Harzletter, der Einhundertsechsunddreißigste.

Ja, ich habe es wieder getan: Auch bei der Harzquerung 2025 war ich dabei, und zwar die lange Strecke – wenn schon, denn schon. Wernigerode – Nordhausen, 53 Kilometer bei bestem Wetter, aber alles andere als gemütlich. Es geht deftig rauf und noch deftiger runter, es zieht sich, es nimmt zum Schluss hin kein Ende. Aber trotzdem.

Morgen (Montag) wird darüber einiges in der Volksstimme und der Mitteldeutschen zu lesen sein. Und wer das alles gedruckt in der Hand halten möchte, sollte sich auf den Weg zum Kiosk oder zum Zeitschriftenständer im Supermarkt machen.

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Einen Ausschnitt davon und ein paar Zusatz-Bemerkungen gibt es hier zu lesen. Und schon mal „Danke“ an alle Mitwanderinnen: Ihr seid wirklich tough und traut Euch was – und ihr wisst, wie man Schwächelnde aufrichtet, motiviert und mitzieht.

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Ilona Schubert kennt sie alle: die Eiligen, die Gemütlichen, die Vordrängler, die Anspruchsvollen, die Freundlichen. Die Freundlichen sind klar in der Mehrheit. Wer sich freiwillig auf einen 53 Kilometer-Weg quer durch den Harz macht, ist meistens positiv gestimmt und freut sich, wenn die erste Verpflegungsstation nach rund elf Kilometern in Sicht kommt.

Hier soll es dann schnell gehen. Trinken vor allem – Wasser, Iso, Tee, Cola – und eine Kleinigkeit essen: Mandarinen, Apfelstücke, ein Schmalzbrot. Dazu ein paar aufmunternde Worte („Die Hälfte ist fast geschafft!“), ein kurzer Austausch mit den übrigen Wanderern und weiter geht’s.

Für Ilona Schubert ist das Routine. Sie ist seit über 20 Jahren dabei – „so ganz genau weiß ich das gar nicht mehr“. Immer an der ersten Station in der Nähe von Königshütte, wo sie auch wohnt. Harzquerung, das gehört für sie einfach dazu. „Hier sind die Kinder mit groß geworden, und jetzt helfen die Enkel“, erzählt sie, „es ist schön, das zu erleben.“

Auf dem Foto oben von links: Ilona Schubert, Nora (Enkelin von Ilona), Uwe Fischer, Sabine Fischer – das Team an der Verpflegungsstelle Hüttenrode.

Harzquerung 2025. Von Wernigerode nach Nordhausen. Die 44ste Auflage. 1200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, mehr geht organisatorisch nicht. Schon Anfang Januar war die Höchstzahl erreicht – ein neuer Rekord.

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Ich bin zum zweiten Mal bei der Harzquerung dabei, wieder in einer Gruppe unterwegs. Die Hasselfelder Eisperlen haben mich aufgenommen, gemeinsam läuft es sich entschieden leichter. Eine aus unserer Gruppe, Anja Simon, ist extra aus dem Allgäu angereist. Die gebürtige Oberharzerin, die schon lange in Süddeutschland lebt, wollte ihre Heimat endlich einmal „von einer ganz anderen Seite erleben.“ Das kann sie haben. Denn los geht es gefühlt mitten in der Nacht: Um 4:30 Uhr starten wir mit leicht schläfrigen Augen in Wernigerode.

Beim zweiten Mal Harzquerung kennt man ungefähr die Strecke, zumindest kann man sich an die schönen, die ekligen und die langweiligen Passagen erinnern. Und natürlich an die Verpflegungsstationen. Denn die sind jedesmal die Rettungsinseln, wenn gerade die Zweifel „Warum-tue-ich-mir-das-eigentlich-an?“ stark anwachsen.

Das Wetter ist wie bestellt: Sonnig, fast windstill, nicht zu warm. Und so passieren wir die Zillierbachtalsperre, die noch im Morgennebel liegt und freuen uns auf einen romantischen Sonnenaufgang mit Blick auf Wurmberg und Brocken. Der kommt auch und muss dringend für Selfies genutzt werden – in Nachhinein fast der schönste Moment der gesamten Wegstrecke.

Harzquerung: Das Schönste gleich zu Beginn

Denn nachdem wir Ilona Schubert und ihre Station hinter uns gelassen haben, geht es zunächst eine Weile stur geradeaus, und dann beginnt die Zeit der Auf- und Abstiege. Knie, Oberschenkel und Füße sagen „Danke“ und melden sich langsam; ab und zu sieht man schon jemand am Wegesrand sitzen und mit Nadel und Blasenpflaster hantieren. 

Veranstalter der Harzquerung ist der Ski-Klub Wernigerode, und dessen Vorsitzender Alexander Brune ist fühlbar stolz auf „seine“ Veranstaltung. „Wir sind zwar nicht die größte und schwierigste Lauf- und Wanderveranstaltung im Harz, aber sicher mit die populärste“, sagt er. Dafür spricht, dass die Teilnehmer-Höchstzahl jedes Jahr früher erreicht wird, dafür sprechen auch die Reaktionen, die Brune von den Teilnehmern erreichen. „Man erlebt den ganzen Harz. Und lernt beim Gehen völlig unbekannte Ecken kennen.“

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Wir sind inzwischen am härtesten Streckenabschnitt der Harzquerung angelangt: Dem Aufstieg vom Bahnhof Netzkater auf den Poppenberg zum dortigen Aussichtsturm. Auch wenn man weiß, dass der Weg sich zieht und man sich auf Schlimmes vorbereitet hat, ist es hier vorbei mit der guten Laune. Immerhin sind schon über 30 Kilometer absolviert, da tun die Schritte weh. Hier sind sogar die meisten Läufer, die uns inzwischen eingeholt haben, im Fußmarsch unterwegs. Die besten lassen sich allerdings durch Anstiege nicht irritieren; es ist unfassbar, wie einige mit lässigem Laufschritt den Weg nach oben abspulen.

Doch dann ist das auch geschafft, und der Rest-Weg nach Nordhausen ist lockeres Auslaufen. Die Eisperlen sind noch vollzählig, als der Zielbogen in Sicht kommt. Dort wartet der Chef persönlich und hilft mit bei der Medaillen-Verteilung. Alexander Brune ist Mädchen für fast alles bei der Harzquerung. „Für mich beginnt dieser Tag vor 4 Uhr und endet irgendwann nach 22 Uhr“, erzählt er. Das Wichtigste für ihn: Alles hat funktioniert, es gab keine Unfälle und keine Rettungseinsätze. Stattdessen reichlich zufriedene Gesichter.

Aber auch: Humpelnde Finisher, völlig Erschöpfte, reichlich Blasen an den Füßen. Das alles wird spätestens Übermorgen vergessen sein; was bleibt, ist ein ganz besonderes Harz-Erlebnis.

Kleine Beobachtungen am Rande der Harzquerung: Manche Leute können auch beim Laufen ihr Handy nicht aus den Augen lassen. Keine Ahnung, was die – außer zu fotografieren – die ganze Zeit über damit machen. Apropos Handy – an jeder Verpflegungsstelle habe ich Frauen-Gespräche mitgehört, in denen sich mitgeteilt wurde, wieviel Schritte schon gelaufen sind und wieviele Kilokalorien schon verbrannt worden sind (es waren immer Frauen!).

Apropos Mitteilungen – es gibt nicht Nervigeres, als Wanderer direkt hinter einem, die sich ständig und lautstark über irgendwelche Befindlichkeiten unterhalten. Man erfährt dabei zwangsweise halbe Lebensgeschichten, die man lieber nicht erfahren möchte. Genauso nervig: Spaßbomben, die pausenlos „lustige“ Geschichten und drittklassige Witze erzählen, über die sie zuerst und meist allein lachen.

Schön dagegen: Die Nutella-Brötchen an der Verpflegungsstelle Sophienhof und Läufer, die „Danke“ sagen, wenn man zur Seite tritt, um sie vorbei zu lassen.

Und dann war da noch Manu, die unterwegs ständig davon redete, dass sie sich im Harzquerungs-Ziel auf eine Bratwurst freue (und sich dann doch keine gegönnt hat – oder?). Auf Irgendwas muss man ja hinwandern.

Die Fotos sind von mir und von Fiene Kiewert.

Vergangene Woche gab es hier über den Kleinen Harz zu lesen.

Davor besuchten wir den Landschaftspark Spiegelsberge und die Klusberge bei Halberstadt.

Und dann bereiteten wir uns auf Walpurgis, die Nacht der Nächte vor.

Hier besuchten wir das DDR-Museum in Thale.

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