Walpurgisnacht 2025: „Das leuchtet, sprüht und stinkt und brennt!“

Harzletter, der Einhundertdreißigste.

Die Walpurgisnacht kommt schnell näher – noch sind es gut sechs Wochen, aber die gehen schnell rum. Ein guter Zeitpunkt, einmal einen Blick auf den Ursprung dieser Harz-Feiertages zu werfen. Denn – Überraschung! – der ist gar nicht so weit weg und alles andere als ein uralter Brauch.

Zunächst einmal sind da natürlich Goethe, Faust I, und darin wiederum die Walpurgisnacht-Szene.

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Ein paar Verse daraus:

Mephistopheles:
Das drängt und stößt, das ruscht und klappert!
Das zischt und quirlt, das zieht und plappert!
Das leuchtet, sprüht und stinkt und brennt!
Ein wahres Hexenelement!

Faust:
Du Geist des Widerspruchs! Nur zu! du magst mich führen.
Ich denke doch, das war recht klug gemacht:
Zum Brocken wandeln wir in der Walpurgisnacht,
Um uns beliebig nun hieselbst zu isolieren.

Nach allem, was man weiß, ist die Walpurgisnacht, wie wir sie heute kennen, vor allem die Erfindung eines einzelnen Mannes: Hans Schultze, geboren am 22. Oktober 1630 in Zethlingen in der Altmark im nördlichen Sachsen-Anhalt. Besser bekannt ist Hans Schultze unter dem Namen Johannes Praetorius. Das ist das bekannteste der zahlreichen Pseudonyme, die sich Schultze im Laufe seines Schriftsteller- und Gelehrten-Lebens zulegte.

Praetorius veröffentlichte 1668 in Leipzig „Blockes-Berges Verrichtung“. Mit dem erläuternden, etwas länglichen Untertitel: „Ausführlicher Geographischer Bericht / von den hohen trefflich alt- und berühmten Blockes-Berge: ingleichen von der Hexenfahrt / und Zauber-Sabbathe / so auf solchem Berge die Unholden aus ganz Deutschland / Jährlich den 1. Mai in Sanct-Walpurgis Nachte anstellen sollen.“

130 Walpurgisnacht Champion des dames Vaudoises

Bräuche, in denen die Ankunft der Frühlings und ganz allgemein die Fruchtbarkeit gefeiert wurden, gibt es natürlich schon länger. Aber ob und wie schon die ollen Germanen im Harz mit im Spiel waren und ob speziell auf dem Brocken irgendetwas in dieser Art gefeiert wurde, ist unklar. Schriftliche Überlieferungen existieren nicht. 

Walpurgisnacht: Der Phantasie waren kaum Grenzen gesetzt

Seit Praetorius stehen Ort, Zeitpunkt und Teilnehmer/innen fest. Die Hexen fliegen in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai per Besen auf den Brocken um dort mit dem Teufel eine wüste Party zu feiern. Natürlich ging es dort eher enthemmt und wenig katholisch zu – der Phantasie waren kaum Grenzen gesetzt.

Auch interessant: Der Mythos von auf Besen fliegenden Frauen, die sich zum Tanz mit dem Teufel trafen, kam erst im14. Jahrhundert auf und wurde seitdem nach Kräften ausgeschmückt. Nix Germanen, und auch keine Römer, Kelten oder sonstige Vorfahren.

130 Walpurgisnacht Falero 1878

Die Walpurgisnacht, so wie wir sie uns heute vorstellen, wurde erstmals 1896 auf dem Brocken gefeiert. Rudolf Stolle, ein Verlagsbuchhändler aus Bad Harzburg und Mitglied des Harzklubs, war der Organisator. Ausschließlich männliche Gäste feierten im Brockenhotel und bei einem Umzug zur Teufelskanzel um Mitternacht. Im Jahr 1901 wurde die Walpurgishalle auf dem Hexentanzplatz eingeweiht. Ab 1901 fuhren auch bereits Sonderzüge auf den Brocken. 1902 trafen sich knapp 150 Gäste zur Walpurgisfeier (Quelle: Wikipedia)

Johannes Praetorius oder Hans Schultze, der Erfinder der Walpurgisnacht, ist nicht gerade ein Ausbund an Seriösität und Glaubwürdigkeit. Als Sohn eines Gastwirts erlebte er als Kind die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges. Er absolvierte das lutherische Gymnasium in Halle und studierte anschließend in Leipzig. Dort erreichte er 1654 den Rang eines Baccalaureus Artium und später den Titel Poeta Laureatus Caesareus. Keine Ahnung, was das bedeutet, aber klingt schonmal gut. Er hielt in Leipzig mehrere Jahre lang Vorlesungen in Chiromantie (Handlesekunst). Man sieht, die Uni von damals ist mit einem Studium heutzutage nicht zu vergleichen.

Werke der Kuriositäten-Literatur

Wohl auch aus finanziellen Gründen verfasste er zahlreiche Werke, die der „Kuriositäten-Literatur“ zugerechnet werden. Praetorius schrieb über Handlesekunst, über Kometen und die damit verbundene Endzeitstimmung, er sammelte Wunder- und Hexenerzählungen, und befasste sich auch mit Zahlenmystik, Werwölfen und Schadenszaubereien. Eben alle Themen, die die Menschen zu seiner Zeit interessierten oder vor denen sie sich ein bisschen gruselten.

Sein heute bekanntestes Werk war die Sammlung von Sagen über Rübezahl, den Berggeist des Riesengebirges.

Und eben die Geschichte mit der Walpurgisnacht.

Die heilige Walburga, nach der diese Nacht benannt ist, hat übrigens mit Hexen, Teufeln und dem Brocken nichts zu tun. Sie wurde von der katholischen Kirche als Heilige auf den 1. Mai datiert, und damit ist es ihre Nacht.

Der ganze nächtliche Hexenmythos inspirierte Maler, Dichter, Musiker. Romantische Seelen fühlten sich angesprochen und dann war da noch Herr von Goethe. Der war bekanntlich ein großer Harz- und Brocken-Fan, und beschäftigte sich jahrzehntelang mit seinem Faust. Schreiben konnte er natürlich auch und so kam eins zum anderen.

Und die Harzer waren nicht so blöd, sich diese Geschäftsidee entgehen zu lassen. Jahr für Jahr wird die Walpurgisnacht größer, spektakulärer und teurer. Und in allen Orten rund um den Brocken wird irgendetwas veranstaltet – vorneweg natürlich die Klassiker Schierke und Thale.

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Einen guten Überblick bietet die Seite des Harzer Tourismusverbandes. Da ist von ganz groß bis eher familiär alles versammelt. Und die Stimmung ist fast so wie im „Faust“ beschrieben:

„Ein Hundert Feuer brennen in der Reihe
Man tanzt, man schwatzt, man kocht, man trinkt, man liebt
Nun sage mir, wo es was Bessers gibt?“

Vergangene Woche besuchte ich das Bonhoeffer-Haus in Friedrichsbrunn.

Davor ging es um die Ergebnisse der Bundestagswahl im Harz.

Und dann habe ich den Hexentanzplatz in Thale besucht.

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