Harzletter, der Einhundertzweiundvierzigste.
Am 31. Mai war große Premiere: Walpurga, das Musical im Harzer Bergtheater. Natürlich ausverkauft; 1900 Besucher wollten die erste Vorstellung des groß angekündigte Stücks sehen (über die Proben hatte ich hier geschrieben). Ich hatte mir längst eine Karte besorgt – und dann meldete sich die Volksstimme und wollte einen Premieren-Bericht. Hier ist er:

Um 22:21 Uhr leuchteten die ersten Blitze auf. Zehn Minuten später kam der Regen. Und um 22:40 hieß es: „Die Vorstellung wird wegen des Wetters unterbrochen.“ Zu dieser Zeit drängte ein Großteil des Premierenpublikums bereits Richtung Ausgang. Walpurga, dem Musical drohte schon beim Start ein regennasses Absaufen.

Dabei hatte alles so eindrucksvoll begonnen. Gleich zu Beginn ein Schock: Eine Hexenverbrennung auf offener Bühne. Weil das nicht reichte, sofort eine zweite hinterher. Die dritte, die folgte, lief irgendwie schief: Die Frau, die verbrannt werden sollte, starb nicht, sondern wurde durch das Feuer erst zur Hexe. „Hexen werden im Feuer gemacht“, erklang dazu drohend eine Stimme aus dem Hintergrund.

Schon war man mittendrin: Hexenverfolgung, Walpurgisnacht, Hexentanzplatz, Blocksberg. Alles dabei und munter miteinander verrührt. Ein bisschen Goethe, ein bisschen Harz-Legende, ein bisschen Geschichtsstunde. Und vor allem: Mitreißende Musik, tolle Darsteller, eine gekonnte Choreografie, und Licht, Ton und Bühnenbild stimmten auch.
Der Startschuss für das komplett renovierte und auf 1900 Plätzen ausgebaute Bergtheater in Thale hätte eigentlich nicht besser laufen können. Eine Musical-Premiere erlebt man schließlich nicht allzu oft, und hier wurde im Vorfeld Qualität versprochen.
Natürlich war das Theater voll besetzt, die Erwartungen an Walpurga waren hoch.
Walpurga und die dunkle Seite der Macht
Die Handlung: eher kompliziert. In aller Kürze – denn bei einem Musical steht Handlung nicht an erster Stelle: Walpurga, bravourös gespielt von Senta-Sofia Delliponti, war die dritte auf dem Scheiterhaufen und wurde durch das Feuer zur Hexe. Sie wurde von der Oberhexe (sehr souverän: Angelika Milster) und der etwas dümmlichen aber lustigen Nebenhexe Sibylle Marianne Silberling (hinreißend: Eva Löser) in die Sitten und Bräuche der Hexen eingeweiht. Dabei muss sie feststellen, dass es nicht nur gute Hexen, sondern auch die dunkle Seite der Macht gibt.

Gleichzeitig diente sich den Hexenverfolgern – Bürgermeister, Richter, Bischof – ein professioneller Hexenjäger (großartig verschlagen: Lorenzo Pedrocchi) samt Gehilfe an. Er bot an, die dem Feuer entkommene Walpurga wieder einzufangen, um sie ihrer vermeintlich gerechten Strafe zuzuführen.
Jetzt gingen die Verwicklungen richtig los. Die Hexen bereiteten sich auf ihr Treffen auf dem Tanzplatz vor, die beiden Jäger versuchten, ihnen nachzustellen. Noch dramatischer wurde es, als Teufel Mephisto in Erscheinung trat und bestimmte, wo und wie es zur Feier der Walpurgisnacht lang geht.

Soweit, so unterhaltsam. Man merkte allen Walpurga-Darstellern deutlich den Spaß am Spiel an. Unterschiede zwischen den Profis und den Hobby-Darstellern waren nicht erkennbar – auch wenn die Profis natürlich die größeren und die tragenden Rollen spielen. Jubel im Publikum, als Musical-Star Angelika Milster nach etwas einer Viertelstunde das erste Mal erschien. Ihre Bühnenerfahrung und -präsenz stachen sofort heraus. Und als dann noch den Satz „Die bösen Hexen in den Westen, die guten Hexen in den Osten“ raushaute, brach spontaner Extra-Beifall aus.
Neben den einzelnen Darstellern beeindruckte vor allem die Perfektion der Walpurga-Tanzszenen. Choreografin Eveline Gortner hatte die entwickelt und einstudiert – keine leichte Aufgabe bei einer Freilichtbühne, die sich auf mehrere Ebenen und Nebenschauplätzen verteilt. Dazu kamen die aufwändigen Kostüme und Masken.

Nach knapp eineinhalb Stunden ging es in die Pause, die sich hinzog. Als es nach 22 Uhr weiterging und sich der dramatische Höhepunkt auf dem Hexentanzplatz anbahnte, kamen die besagten Blitze und wenig später der Regen.
Unruhe brach im Publikum aus, viele suchten das Weite, die meisten zogen sich Regenumhänge über. Auf der Bühne wurde tapfer weiter getanzt und gesungen, bis es zu viel wurde. Eine Unterbrechung wurde verkündet, alle versuchten, sich irgendwie ins Trockene zu retten. Glücklicherweise streifte das Gewitter Thale und das Bergtheater nur. Nach etwa fünfzehn Minuten tröpfelte es nur noch; die Walpurga-Show konnte weitergehen.
Die Zuschauer kehrten zurück, es ging ziemlich ungeordnet zu, aber das machte nichts. Jetzt herrschte das Gefühl vor, gemeinsam ein kleines Abenteuer überstanden zu haben – und die, die bereits auf dem Weg nach Hause waren, verpassten ein großes Finale.

Natürlich folgte ein Happy End: Walpurga entdeckte ihre Seelenverwandtschaft zu Alanus, dem Gehilfen des Hexenjägers (sympathisch unbeholfen: Alexander Karger). Und natürlich fanden die beiden zusammen. Von Mephisto (herrlich böse: Klaus Heydenbluth), der sich zwischenzeitlich mit der bösen Oberhexe Watelinde (genauso böse: Julia Heiser) zusammengetan hatte, keine Spur mehr.
Das Gute siegte, der Hexentanzplatz als Ort voller Harmonie, was will man mehr. Rauschender Applaus, stehende Ovationen, die Darsteller und die Macher des Stücks wurden ausgiebig gefeiert. Regisseur Ronny Große war bei einer kurzen Ansprache die Erleichterung deutlich anzumerken: „Das war eine Uraufführung, die fast wie eine Probe ablief“, sagte er. Und dankte allen, die dem Regen getrotzt und dafür gesorgt hatten, „dass es endlich wieder brodelt hier im Harz.“
Positiv: Vor allem die Musik. Autor und Komponist Enrico Scheffler hat Großes geleistet. Einige Songs – „Frei sein“, „Hexentanzplatz“ und vor allem „Walpurgisnacht“ – gehen sofort ins Ohr und haben echtes Hit-Potenzial. Weiterhin die Stimmigkeit der Inszenierung. Es gibt keine Hänger und keine wirklich schwachen Momente. Sämtlicher Darsteller hatten Klasse, sowohl gesanglich als auch tänzerisch. Dazu kam ein beeindruckendes Bühnenbild, das sich wunderbar in die Harzlandschaft einfügte.
Negativ: Einige Verwicklungen in der Handlung hätte man sich sparen können. Die Vorstellung begann um 20 Uhr, inklusive Regenpause ging es bis 23:30 Uhr. Und dann musste man ja noch zurück zum Parkplatz laufen, das Ticket zahlen und sich auf den Weg zurück machen. Die reguläre Pause dauerte zu lange und wurde nicht angekündigt. Kleinere Ton-Aussetzer und stellenweise sehr hektisches Licht störten nur kurz.
Insgesamt eine grandiose und absolut sehenswerte Vorstellung. Walpurga wird den Harz ganz sicher rocken – und das neue Bergtheater ist eine Klasse für sich. Auch wenn das Wetter manchmal dazwischen funkt.
—
Vergangene Woche war ich bei einer Wanderung über die Bergwiesen bei St. Andreasberg.
Eine Woche vorher ging es zum Anbaden in den Ditfurter See.
Davor habe ich mir den Blauen See angeschaut.
Hier habe ich aus Anlass des Kriegsendes vor 80 Jahren ein paar Friedhöfe der Umgebung besucht.
Davor war ich mit dem Motorrad von Mansfeld nach Seesen unterwegs.
Hier geht es zurück auf die Startseite.