Auf dem roten Sofa und bei Boxweltmeister Max Schmeling in Benneckenstein

Harzletter, der Neunzigste.

Einfach mal losfahren. Einfach mal nach Benneckenstein. Einen Anlass gibt es nicht – der Name tauchte nur immer wieder mal auf, und ich war halt noch nie dort. Benneckenstein liegt eben am Rand: ehemaliges Grenzgebiet, wer zum Brocken oder generell in den Harz will, kommt hier eher nicht durch, denn die Bundesstraßen 4, 81 und 242 führen alle am Ort vorbei.

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Ein Grund mehr, Benneckenstein anzusteuern, manchmal sind diese eher unbeachteten Orte die wahren Perlen.

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Fangen wir mit einer Überraschung an: Ein Ehrenbürger von Benneckenstein ist Max Schmeling (Foto oben: wikimedia commons). Boxweltmeister und Sportidol – verehrt von den 30er Jahren bis zu seinem Tod 2005. Und das kam so (Zitat aus Wikipedia): Von 1934 an befand sich in Benneckenstein das Trainingslager für die Nationalmannschaften im Boxen, Ringen und Gewichtheben. Anlässlich der Erfolge der deutschen Boxer bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin erhielt Schmeling – nach dem Sieg über Joe Louis an der Spitze seines Ruhmes – am 28. November 1936 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Benneckenstein. Über Jahre hinweg bestand zwischen der Harzstadt und dem Boxidol ein freundschaftliches Verhältnis. Nach der Wende wurde es neu belebt, und zu Pfingsten 1993 besuchte Max Schmeling noch einmal Benneckenstein.

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Mitten im Ort steht ein Stein mit einer Gedenktafel und der Platz davor ist – na logo – der Max-Schmeling-Platz. Eine sozialistische gestaltete, mäßig einladende Fläche mit Maibaum und ein paar Bänken, auf den selten jemand sitzen dürfte.

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Zu Fuß ist man von hier schnell an der Sankt Laurentius Kirche, einem imposanten, ganz mit Schiefer verkleideten Gebäude, das auf einem Hügel aufragt. Kurz reinblicken lohnt sich, man muss allerdings Glück haben, dass gerade geöffnet ist, und die freundliche Frau im Gemeindebüro einen ins Kirchenschiff durchwinkt.

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Benneckenstein versucht sich als Sport- und Erholungsort zu vermarkten; da der Wintertourismus mangels Schnee eher dürftiger wird, liegt der Schwerpunkt auf Radfahrer und Wanderer. Um sich aufzuhübschen, wurde schon in den 30er Jahren der Gondelteich und der Wilhelm-Schmidt-Park angelegt, und auch heute macht es noch Freude, dort entlang zu schlendern. Das mit den Gästen und dem Tourismus scheint so lala zu klappen, viele Urlauber habe ich dort jedenfalls nicht gesehen.

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Der Weg am Teich entlang führt direkt zum Bahnhof; Benneckenstein ist ans Netz der Schmalspurbahn angeschlossen. Viermal pro Tag fährt ein HSB-Zug jeweils Richtung Norden beziehungsweise Süden, das ist überschaubar und entsprechend sieht das Bahnhofsgebäude aus: zugenagelte Fenster, Fahrkarten werden hier schon lange nicht mehr verkauft.

Panzerfahren in Benneckenstein

Aber der Knaller des Ortes ist sowieso ein paar Schritte weiter nördlich: Das MT’s Panzerfahren & DDR-Technik Museum. Wer Motoren liebt und eine Neigung zur Ostalgie hat, ist hier vermutlich am Ziel seiner Träume. Fast alles, was in der DDR mit Rädern und Motor produziert wurde, kann man sich hier anschauen, darunter auch reichlich Militärfahrzeuge. Und wer schon immer mal mit einen echten Panzer durchs Gelände fahren wollte: Hier geht es.

Als ich vor der Tür stand, war leider Ruhetag und geschlossen; dieses sehr spezielle Highlight werde ich mit noch einmal in Ruhe und gesondert anschauen.

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Als Ausgleich müssen jetzt Kaffee und Kuchen her; zum Glück gibt es das Café Werner, ansonsten geht es gastronomisch eher mau zu. Im Werner war jedenfalls alles tipptopp: Bester Kuchen, Kaffee ok, freundliche Preise. Und dann, ein ganzes Stück die Straße hoch, auf der linken Seite, unverhofft etwas ziemlich Verrücktes: Ein riesiges rotes Sofa mitten in einer Wiese. Was soll das und wie kam das dahin?

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Die Erklärung findet sich natürlich im Internet: „Entstanden ist das Rote Sofa im Rahmen des THEATERNATUR FESTIVALS 2019. In dem Stück „Die Legende von Sorge und Elend“ spielten sich auf dem überdimensionalen Sofa dramatische Szenen ab. Heute lädt es in seinem roten Gewand vielmehr zum Verweilen ein. Ursprünglich als Requisit für das Festival entworfen, hat das Sofa nun eine neue Bestimmung gefunden.“ Und einen Sonderstempel gibt es dort noch obendrauf.

Eine zweite, wesentlich kleinere Besonderheit finde ich wenige später außerhalb von Benneckenstein mitten im Wald: Der Drei-Länder-Stein. Er markiert die Stelle, an der Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt aufeinandertreffen, und das schon seit 1749 (übrigens dem Geburtsjahr Goethes, aber das nur nebenbei).

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Damals gab es zwar Niedersachsen und Sachsen-Anhalt noch gar nicht, dafür aber das Herzogtum Braunschweig (HB), das Königreich Preußen (KP) und das Gräflich-Wernigeröder Forstgebiet (GW). Die Abkürzungen sind auf dem Stein eingemeißelt und sehr gut zu erkennen. Das ist wirklich mal geschichtsträchtig und liegt außerdem im „Grünen Band“, dem Wander- und Naturparadies entlang der ehemaligen DDR-Grenze. Entsprechend führt auch noch der Kolonnenweg der ehemaligen Grenztruppen hier entlang.

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Kann man sich schon mal ansehen, und sich dabei auch anhand von reichlich Schautafeln die Besonderheiten der Natur im Grünen Band erklären lassen. Ab und zu kommen ein paar Wanderer vorbei, ansonsten: Stille, out of nowhere, fast wie früher, nur ohne Grenze.

Die Königstage in Quedlinburg werden hier beschreiben.

Um einen Besuch im Brockengarten bei der blühenden Brocken-Anemone geht es hier.

Mit dem Rad unterwegs von Bad Harzburg nach Quedlinburg.

Hier geht es um die anstrengende, schöne Harzquerung.

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Auf Instagram findet der Harzletter übrigens auch statt: www.instagram.com/harzletter.de/

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