Rockharz! Schwarze Pommes unter der Teufelsmauer, 35 Grad und sehr laute Musik

Harzletter, der Dreiundvierzigste.

Ich hatte es ja angekündigt: Auch in diesem Harzletter geht es noch einmal um Rockharz.

Das 2023er Festival ist seit einer Woche Vergangenheit, und viele denken schon an Tickets für nächstes Jahr, aber über den Schlusstag muss einfach noch berichtet werden.

43 Haare Rockharz

Samstagnachmittag, 8. Juli, 15 Uhr. Es ist brüllend heiß, das Thermometer zeigt 35 Grad. Kein Schatten nirgendwo – so ein Flugplatz ist per se eine baumlose Wüste. Auf der Bühne: Wind Rose, fünf Italiener aus der Toskana, die sich selbst als „The Dwarfes of Heavy Metal“ (die Heavy-Metal-Zwerge) ankündigen. Sie spielen laut und schnell, und das Unfassbare: Sie tragen dicke Panzer und Fellbekleidung – gehört wohl irgendwie zum Image. Schon das Zugucken löst Schweißausbrüche aus. Ein paar Tausend feiern vor der Bühne mit – hüpfend, springend, applaudierend, die Pommesgabel hochreckend.

Die Pommesgabel oder der Teufelsgruß ist DAS Heavy-Metal-Zeichen – Zeigefinger und kleiner Finger hochgereckt, die übrigen Finger zeigen nach unten. In Italien heißt das übrigens „mano cornuta“ und ist eine höchst ordinäre und beleidigende Geste, auf die man dort besser verzichtet. Aber wir sind ja nicht in Italien sondern in Sachsen-Anhalt.

43 pommesgabel Rockharz

Neben der Pommesgabel ist schwarze Kleidung Pflicht. Der Standard sind T-Shirts mit möglichst wilden Mustern, Bandnamen in verschlungener Typografie oder Sprüchen wie „Schwarz ist bunt genug“. Daneben ist fast alles möglich – und die Metal-Szene ist ziemlich kreativ und spaßorientiert. Das reicht vom aufblasbaren Einhorn über ein Minion-Kuscheltier, das zu brutalen Gitarrenklängen geschwenkt wurde, bis hin zu einem Delphin-Stofftier, das auf dem Kopf als Schattenspender diente. Außerdem im Angebot: Ziemlich viele Schottenröcke, Schwimmnudeln, die zu seltsamen Gebilden zusammengeklebt wurden, Hörner als Trinkbecher, bunte Fellmützen.

Mein persönlicher Favorit waren schwarze Pommes, die in einer der Catering-Buden angeboten wurden. Kombiniert mit Ketchup sahen sie gefährlich dämonisch aus, schmeckten aber wie Pommes schmecken sollen.

Zurück zur Musik. Nach Wind Rose traten auf: Legion of the Damned, Moonspell, Lacuna Coil, Carcass, Life of Agony. Kannte ich bisher alle nicht, aber das macht nichts. Die Musik ist bei allen wahlweise laut und schnell, laut und sehr schnell, sehr laut und sehr schnell. Die wesentlichen Unterschiede bestehen im Auftrittskonzept: Während Wind Rose mit Fellen antraten, sind es bei Lacuna Coin weißgeschminkte Gesichter und weiße Skelette auf schwarzer Kleidung. Legion of the Damned, die zu spät ankamen und vom Van direkt auf die Bühne sprangen, legten einen furiosen Trash-Metal Auftritt hin (sehr laut und sehr schnell) und hielten es ansonsten eher klassisch: voll tätowiert und möglichst lange Haare.

43 minion Rockharz

Apropos Haare: wer noch hat, trägt lang. Da auch das Rockharz Publikum in die Jahre kommt – der Altersschnitt lag gefühlt irgendwo über 40 – wird das mit dem Langhaar und Headbangen eher schwierig. Man wippt lieber stoisch mit und reckt ab und an einen Arm. Das Kopfschütteln übernehmen ein paar Junge, die ihre Matte sehr schön minutenlang nach vorn und wieder zurück zu werfen wissen.

Wenn man drei, vier Bands lang in der Menge steht – zwischendurch wird zum Glück Wasser über alle gespritzt – kommt unweigerlich das Gemeinschaftsgefühl. Man bewegt sich mit, man fühlt den Bass im ganzen Körper, und man jubelt jedem zu, der sich oben verausgabt. Es sind fast ausnahmslos Männer und sie geben fast alle körperlich Vollgas, Heavy Metal ist keine Kammermusik.

43 mauer rockharz
43 ueberblick rockharz

Zwischendurch muss man aber einfach mal weg von der Bühne, ein bisschen Schatten unter irgendeinem Zeltdach suchen, oder das Festival-Gelände ganz verlassen und hoch zur Teufelsmauer laufen. „The Devil’s Wall“ wie sie unter Metalheads zärtlich genannt wird, ist gut sichtbar hinter der Bühne präsent und sie allein macht Rockharz schon einzigartig. Der Weg nach oben ist steil, aber er lohnt sich. Zum einen gibt es dort Bäume und Schatten, zum anderen einen überragenden Blick auf das Gelände.

Gegen Abend änderte sich die Stimmung komplett. Es wurde kühler, die Luft angenehmer, ab halb neun versank die Sonne sehr langsam und romantisch rechts neben dem Brocken. Von überall her tauchten Menschen auf; wo waren die bloß tagsüber? Vor den Bühnen wurde es voll, richtig voll. Um 20.40 Uhr waren Lord of the Lost angekündigt und sie waren pünktlich für genau eine Stunde on Stage.

43 lord rockharz

Hüpfen, Jubel, Pommesgabel. Lord of the Lost gehörten dank European Song Contest zu den bekanntesten Namen des Festivals. Aber für die wirklichen Metalheads kam der Höhepunkt des Abends anschließend: Amon Amarth kamen mit ein Drachenboot, reichlich Pyro und eine dichte Folge ihrer Hits (sehr laut und sehr schnell) auf die Bühne. Die schwedische Band mit einem Wikinger-Faible brachte die Teufelsmauer und die Menschenmenge von Beginn an zum Glühen.

43 shirt rockharz

Beste Festival-Atmosphäre, ausgelassene Menschen, glückliche Gesichter. Da will ich wieder hin.

Und noch ein Blick zurück in den Harzletter der vergangenen Woche. Da hatte ich den neuen Quedlinburger Kiosk „Pause am Schloss“ erwähnt – der leider geschlossen war, als ich es den Stiftsberg rauf geschafft hatte.

43 pause1
43 pause2

Im zweiten Versuch klappte es dann, und es war ganz wunderbar. Das ist der beste Platz, um in Quedlinburg Kaffee & Kuchen zu genießen: Beste Lage, grandiose Aussicht, Tische unter Bäumen, faire Preise und eine äußerst freundliche Bedienung. Einziger Nachteil: Man muss die Stufen zum Stiftsberg hoch. Ich werde den Weg ab sofort regelmäßig machen.

Der Newsletter der vergangenen Woche über neue Restaurants in Quedlinburg findet sich hier.

Über Wandern auf dem Harzer Grenzweg gibt es hier zu lesen.

Kontakt

Kommentare, Nachrichten, Fragen, Lob und Kritik an:

Erwin Klein
info@harzletter.de