Jan Fribus, das Kiku, und das Hoffen auf den ersten Michelin-Stern

Harzletter, der Achtzigste.

Diesmal geht’s ums Kochen. Und zwar auf ganz hohem Niveau.
Ich habe mit den Kiku-Betreibern in Quedlinburg ziemlich hautnah das Bangen um einen eventuellen Michelin-Stern mitverfolgt. Dabei konnte ich feststellen: Die gehobene Restaurantküche ist eine Welt für sich. Aber lest selbst.

Am Ende hat es nicht gereicht. Es wurde nichts mit dem ersehnten Michelin-Stern.
Tagelang hatten Jan Fribus und sein Team im Restaurant Kiku in Quedlinburg gehofft und gewartet, aber der Anruf bleib aus. Kein Anruf, kein Stern.

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Für Nicht-Köche ist es schwierig zu verstehen, was eine Michelin-Auszeichnung für ein Restaurant bedeutet. Die Sterne sind die Champions League, der Ritterschlag. Hier sind nur die ganz Großen unterwegs, wer ihn erhält, fühlt sich mindestens wie ein Goldmedaillen-Gewinner bei Olympia. Denn Sterne bei Michelin erhält man nicht durch Glück oder Beziehungen oder auf unlautere Art. Man erhält sie nur durch Leistung. Robin Pietsch in Wernigerode kann darüber sicher einiges erzählen, aus Quedlinburg steht die Weinstube im Hotel am Brühl in dem Restaurantführer.

Was die Sache noch komplizierter macht: Es gibt keine Erklärungen, keine Begründungen, keine Einsprüche, keine Diskussion. Einmal pro Jahr kommt die Liste für Deutschland heraus; dieses Jahr am 26. März.

Die Kiku-Gäste verlangten nach Fine Dining

Im Juni 2023 hat Jan Fribus sein Kiku in der Pölle in Quedlinburg eröffnet. Das eigene Restaurant, der Traum jedes ambitionierten Kochs. Zu Beginn war kein „Fine Dining“ geplant – sondern „normale“ gehobene Küche. Der Unterschied: Fine Dining ist Kochen als Kunst. Da geht es nicht ums satt werden, sondern um das Erlebnis auf den Geschmacksnerven. Oft sind das die sprichwörtlichen vielen kleinen Portionen.

Aber interessanterweise verlangten die meisten Kiku-Gäste genau danach. Auf der Karte gab es zu Beginn neben den eher bekannten Gerichten ein Acht-Gänge-Menü, bei dem Jan Fribus zeigen konnte, was er am Herd drauf hat. Für 75 Euro, Getränke extra. Das klingt zunächst viel, ist aber für ein Menü in dieser Qualitätssklasse mehr als günstig.

Als es sich im vergangenen Herbst herumsprach, dass da jemand Neues im Kiku außergewöhnliches Essen auf die Teller bringt und die Reservierungen zunahmen, stellte Fribus sein Konzept um auf Spitzen-Küche. Und schon ein paar Wochen später kam das Erfolgserlebnis in Form einer Erwähnung im Michelin-Guide – der erste Schritt nach oben.

Jan Fribus, gerade 36 geworden, hat einen ziemlich langen Weg hinter sich. Geboren im russischen Sotschi und aufgewachsen in St. Petersburg, deutete zunächst nichts auf eine Gastro-Karriere in. Seinen so gar nicht russisch klingenden Namen verdankt er übrigens seinem deutschen Großvater, der in den späten Zwanziger Jahren der Liebe wegen nach Russland übersiedelte.

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Nach einigen Ausbildungs-Umwegen ergatterte er einen Platz in der Küche eines neu eröffneten Luxus-Hotels in St. Petersburg. Dessen damaliger Küchenchef kam aus Singapur und durch ihn lernte Jan Fribus die asiatische Küche kennen.

„Das war sehr streng, sehr hart und diszipliniert“, erzählt er, „zweimal hätte ich fast aufgegeben.“ Fünf Jahre dauerte seine Lehrzeit, danach fühlte er sich fit, um Neues kennenzulernen. Köche auf hohen Niveau und mit Ehrgeiz sind wie Wandergesellen: Sie lassen sich von anderen Spitzen-Köchen anheuern, um deren Tricks und Techniken aufzusaugen.

Über Moskau, Stockholm und Südfrankreich in den Harz

Jan Fribus arbeitete unter anderem in Moskau und Wladiwostok, bevor er nach Stockholm zum Drei-Sterne-Restaurant Frantzén wechselte. Wenn er davon erzählt, gerät er ins Schwärmen – das schwedische Restaurant gilt als eins der besten und exklusivsten weltweit. Weiter ging es nach Frankreich an die Mittelmeerküste, und dann folgte sein Sprung in den Harz zu Robin Pietsch nach Wernigerode.

Rund eineinhalb Jahre verbrachte er in der Küche von Zeitwerk und Restaurant Pietsch: „Ich habe dort viel gelernt und ich mag die Gegend und die Menschen“, erzählt er. „Am Anfang war es schwierig, ich war unsicher, konnte die Sprache nicht, aber jetzt fühlen ich und meine Familie uns hier sehr wohl.“

Und als die Chance kam, in Quedlinburg im ehemaligen „Anno 1560“ sein eigener Chef zu sein, ergriff er sie.

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Mit einer kleinen Mannschaft, relativ wenigen Tischen und höchstem Qualitätsanspruch. Mit ihm steht Andrei Gorbachev in der Küche des Kiku, Anastasia Zatsepin kümmert sich um den Service, Julia Kreis ist für die Kommunikation zuständig und hilft ebenfalls im Service. Im Hintergrund besorgt Ehefrau Lana die Buchhaltung.

Die Küche: Europäisch, aber mit starkem asiatischen Einschlag; die Karte ist übersichtlich und natürlich wird alles bis ins Detail selbst zubereitet. Das kostet vor allem Zeit und muss auch finanziell gut kalkuliert werden. „Das habe ich wirklich gelernt“, sagt Jan Fribus, und zeigt umfangreiche Excel-Tabellen, in denen jede Zutat exakt gelistet und berechnet wird. Nur so ist es möglich, den Überblick zu behalten und bei den Preisen im Rahmen zu bleiben.

Hat er bevorzugte Gerichte? Die Antwort kommt sofort: „Fisch.“ Er erwähnt wieder die harte asiatische Ausbildung – „bei Fisch kenne ich mich wirklich aus“ – und wer sein Steak von der Fjordforelle probiert, wird das bestätigt finden.

Das Kiku hebt jetzt noch nicht ab

Trotzdem, für den Stern hat es noch nicht gereicht. Jan Fribus und sein Team können über die Gründe nur spekulieren: „Vielleicht sind wir einfach noch zu neu, vielleicht hat irgendein Detail nicht gestimmt. Wir sind sicher, dass Michelin-Inspektoren öfter im Kiku waren. Jetzt machen wir weiter und hoffen auf nächstes Jahr.“

Die verpasste Auszeichnung hat auch sein Gutes: Das Kiku hebt noch nicht ab, denn eine Michelin-Auszeichnung bedeutet unweigerlich mehr Aufmerksamkeit, mehr Gäste, steigende Preise. Jan Fribus wird jetzt einfach weiter kochen. „Ich habe da ein paar neue Ideen, die will ich demnächst ausprobieren.“

Und hoffentlich im nächsten Anlauf den begehrten Stern ins Kiku nach Quedlinburg holen.

Heute (Samstag)-Nacht brennt der Harz. Überall Osterfeuer. Und ich kann leider nicht teilnehmen, weil ich über Ostern unterwegs bin. Deswegen meine Bitte (oder mein Angebot) an alle hier Mitlesenden: Wer beim einem Feuer dabei ist und davon ein schönes Foto macht, schicke das bitte her (info@harzletter.de). Ich nehme das kommende Woche in den Harzletter mit rein, versprochen.

Selfies mit Feuer im Hintergrund sind besonders willkommen.

Ich vermute mal, meine Eisperlen werden mich da schon nicht hängen lassen.

Hier geht es um eine österliche Wanderung ab und um Walkenried.

Einen Überblick zur anstehenden Walpurgisnacht gibt es hier.

Hier geht es um den Schlossbahnhof in Ballenstedt und die Brasserie „Gleis 1“.

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Auf Instagram findet der Harzletter übrigens auch statt: www.instagram.com/harzletter.de/

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