Diesmal bin ich spät dran mit dem Harzletter, und das hat einen Grund. Rocken am Brocken (RaB), das Festival „in Elend bei Sorge“ ging heute früh zu Ende. Ich war dort und will natürlich aktuell über meine Erlebnisse schreiben. Das dauert ein bisschen – aber hier ist mein Text:

Das Wichtigste waren die Gummistiefel. Für Festival-Profis gehören sie zur Grundausstattung. Aber es gab genügend Besucher, die mit Turnschuhen, Flip-Flops oder sogar barfuss durch den Matsch stapften. Rocken am Brocken (RaB) 2025 war eine feuchte Angelegenheit.

Aber das schreckt den Open-Air-Fan nicht. Im Gegenteil, eine gepflegte Schlamm-Schlacht gehört zu einem unvergesslichen Festival fast zwingend dazu.
Ich hatte mir ein schönes neues Paar aus dem Baumarkt besorgt und fühlte mich gerüstet. Aber beim Aufbau meines Mini-Zeltes fing es an wie aus Kübeln zu gießen. Jetzt halfen keine Stiefel. Jetzt stand ich da mit Stangen und Plane in der Hand im Platzregen.
Und dann war da die RaB-Festival-Magie
Und dann funktionierte die Festival-Magie. Stimme von hinten: „Kann ich helfen? Oder willst du dich erst einmal bei uns unterstellen?“ Aber gern. Ab unter den Pavillon ein paar Meter weiter. Dort saßen rund zehn Personen, die mir interessiert zuschauten und erst einmal ein Bier anboten. Schon viel besser.
Wenig später hörte der Regen auf, das Zelt stand und RaB konnte losgehen.

Erst einmal der übliche Rundgang: Bändchen abholen, wo stehen Toiletten und Waschgelegenheiten, wo gibt es morgens Kaffee, wohin mit dem Abfall. Das geht schnell, RaB ist eine übersichtliche Angelegenheit. Rund 4000 Besucher versammelten sich auf der Gieseckenbleek, einer Wiese etwas außerhalb von Elend. Kein Vergleich mit den Massen, die sich zur selben Zeit in Wacken treffen.

Im Innenbereich tobt gerade Ina Bredehorn von „Deine Cousine“ über die Hauptbühne. Laut, schnell, etwas punkig. Voller Energie. Sie ist typisch für die Auswahl der Bands bei RaB: Rockig, gitarrenlastig, (noch) eher unbekannt. Ich konnte jedenfalls mit den meisten Namen im Programm wenig anfangen. Aber das macht nichts; es hat ja seinen Reiz, jungen neuen Bands zuzuhören statt großer Namen, deren beste Zeit länger zurückliegt.

Deine Cousine machen jedenfalls mächtig Druck, das ist schon einmal ein guter Einstieg. Schnell rüber in den „Zauberwald“, das ist ein eigener Bereich am Rand unter Bäumen. Hier sind allerhand Lichterketten, Spiegel, Lampen und mehr in den Ästen drapiert und am Ende öffnet sich eine Lichtung, auf der die härteren Töne knallen. Hier versammeln sich die House- und Techno-Freunde; auf einem Podest, das aussieht wie ein aus den Fugen geratener Abenteuer-Spielplatz, wechseln sich DJs und Djanes ab und produzieren bis zum Morgengrauen Klanggewitter. Wer es mag, kann sich hier pausenlos die Bässe in die Magengrube ballern lassen.
Madsen sind der RaB-Freitagabend-Haupt-Act
Und dann treten als Haupt-Act des Freitagabends auch schon Madsen auf, die Band aus dem Wendland. Sie sind alles andere als Anfänger; seit 2004 gibt es die Gruppe und sie hat sich eine beachtliche Anhängerschaft erspielt. Man spürt sofort die Bühnenerfahrung, als Sänger Johannes Madsen loslegt – er beherrscht das Spiel mit dem Publikum, das gerade mal wieder im Regen stand und unverdrossen laut jubelte. Glück hatte, wer rechtzeitig einen Platz unterm Dach des Bierstandes ergattern konnte.
Haupt- und Nebenbühne wechseln sich permanent ab, wenn ein Auftritt nach rund einer Stunde beendet ist, geht es nahtlos gleich nebenan weiter. Auch so ein Festival-Vorteil: Man kann eine Menge Bands in kurzer Zeit nacheinander hören – man muss aber nicht. Mal eine Pause machen, etwas zu essen holen, im Biergarten in der Innenraum-Mitte rumsitzen, alles kein Problem. RaB ist bekannt dafür, nicht nur Musik anzubieten. Unter dem Stichwort „Freiluftzauber“ werden Yoga, Pilates, Haareflechten und Glitzertattoos angeboten, es gibt Wanderausflüge und ein Volleyballturnier, man kann Gebärdensprache lernen und Vorträgen zuhören.

Ein Klassiker ist der fast schon rituelle Pflicht-Besuch im Waldbad Elend. Das ist idyllisch etwa einen Kilometer weg vom Festivalgelände gelegen und wird von einem Verein betrieben. Dort freut man sich auf die Rock-Gemeinde, so kommt Geld in die Vereinskasse. Und die Festival-Besucher schätzen die Abkühlung und den Spaß an der Wasserrutsche. Diesmal fiel die Einnahme allerdings schmal aus; der Regen, Sie wissen schon.

Samstag ist Finaltag und Höhepunkt von RaB. Morgens beim Wachwerden hört man erst noch die Niederschlag-Geräusche, aber dann bricht die Sonne durch. Überall Gruppen, die zusammensitzen, zusammen spielen, zusammen Blödsinn machen. An jeder Ecke stehen beeindruckend große Boxen, und bei einem Gang über den Zeltplatz kann man nacheinander hören: Deutsch-Rap, Schlager, italienische Schnulzen, Country, natürlich Rock und sogar das Biene-Maja-Lied. Irgendwie verträgt sich das, Festival-Besucher sind ziemlich entspannte Menschen.
Seifenblasen und eine Schar von Helfern
Ich treffe Lutz aus Gifhorn, der mit zwei Kumpel zusammensitzt und eine Seifenblasenmaschine neben sich laufen hat. Man sitzt, man redet, man trinkt, und schaut den Blasen zu. „Für zehn Euro im Spielwarengeschäft gekauft“, erzählt Lutz. Entspannung kann so einfach sein.



Damit das alles möglich ist, gibt es eine Schar von Helfern und Helferinnen, die ehrenamtlich bei RaB mithelfen. Zum Beispiel Johanna, die die abgesperrte Straße, die durch das Festival-Gelände führt, überwacht. Acht Stunden pro Tag, abwechselnd mit mehreren anderen. „Dafür erhalte ich einen Festival-Pass, Essen und Trinken und ein paar Annehmlichkeiten“, erzählt sie gut gelaunt. Oder Nino und Emmy, die zum Awareness-Team gehören, und zusammen auf dem RaB-Gelände unterwegs sind. „Wir sind für alle ansprechbar, falls es Probleme gibt“, sagen sie. Außerdem achten sie darauf, ob es möglicherweise Besuchern nicht gut geht und greifen ein, wenn es notwendig erscheint. So sollen übergriffiges Verhalten, sexuelle Belästigung oder Diskriminierung verhindert werden.

Ab 15 Uhr fängt die Musik wieder an – und zwei Stunden später geht ein heimliches Highlight des Festivals über die Bühne. Die „Tiny Wolves“, ein Kinderchor aus Bergen bei Celle tritt auf. Begleitet von Akustik-Gitarre und Cajun singen die 8 bis 13-Jährigen Pop-Klassiker mit einer Inbrunst, die Beifallsstürme auslöst. Ein bisschen ungläubig schauen die Kinder ins Publikum, das sie wiederholt mit Sprechchören feiert.
Nächstes Jahr zur gleichen Zeit
Dann noch ein paar bekanntere Namen: Kate Nash und zum guten Schluss Zartmann. Große Show, nur wenig Regen, gute Laune.

Nach zwei oder drei Tagen Dauerparty sind auch die Abgehärtesten leicht geschafft. Irgendwie ins Zelt und dann mit Regengeräuschen im Ohr in den Tiefschlaf sinken. Sonntag früh wollen alle nur noch weg. Aufräumen, zusammenpacken, die Müllberge wegschaffen. Auf dem Weg zum Morgenkaffee kommen einem sehr ausgelaugte Gesichter entgegen. Aber das macht nichts. Das gehört dazu. Wie der Regen und der Matsch.
Nächstes Jahr zur gleichen Zeit. Geht klar.
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Vergangene Woche besuchten wir das Sonnenblumen-Labyrinth in Quedlinburg.
Hier wanderten wir in einer Gruppe entlang der Klippen im Okertal.
Davor waren wir auf Motorrad-Tour über den Kyffhäuser nach Bad Frankenhausen.
Hier besuchten wir die Alte Elementarschule in Gernrode.
Hier ging es um Fontane, Cécile und das Hotel Zehnpfund in Thale.
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