Harzletter, der Fünfundvierzigste.
Mal wieder mit dem Motorrad unterwegs. Blankenburg, dann rauf Richtung Elbingerode mit Ziel Hüttenrode. Wobei: Hüttenrode war gar nicht das Ziel, das ergab sich eher zufällig.
Kleine Biker-Randbemerkung: Die rund sieben Kilometer von Blankenburg nach Hüttenrode gehören zum Feinsten, was der Harz kurvenmäßig anbietet. Vorm Rasen wird nachhaltig und berechtigt am Straßenrand gewarnt; aber sich da entspannt in die Kurven zu legen, ist schon ein großes Vergnügen. Ab Hüttenrode empfehle ich übrigens die Straße Richtung Almsfeld und weiter nach Treseburg.
Bei der Kirche in Hüttenrode stimmt was nicht
Bei der Fahrt durch Hüttenrode nehme ich aus den Augenwinkeln den Kirchturm wahr – und denke, irgendwas stimmt da nicht. Dann sehe ich, die Kirche hat gar kein Dach, und dann werde ich neugierig. Umkehren, abbiegen, parken.
Und tatsächlich. Die Kirche ist keine Kirche mehr, sondern ein Open-Air-Veranstaltungszentrum, weil sie vor genau 50 Jahren abgebrannt ist. August-Gewitter, Blitzeinschlag im Turm und ein Feuer, das alles bis auf die Grundmauern zerstörte. In den 80er- und 90er-Jahren wurde das Turmdach wieder aufgebaut, die Kirchenfenster wurden ebenfalls erneuert.
Eine Informationstafel am Turm erklärt, was vorgefallen war, und im Schaukasten des Fördervereins Kirche gleich nebenan entdecke ich ein Plakat: Gedenkveranstaltung am Dienstag, 8. August, 18 Uhr. Neben einer Andacht und Augenzeugenberichten zum Brand tritt der Posaunenchor Hüttenrode auf. Und einen Monat später, am 8. September, machen das Udo-Lindenberg-Double „Vize-Udo & Panikkomplizen“ Musik für Dach und Haube (so die Ankündigung) in der Kirchenruine.
Lohnenswert, weil ziemlich gut gemacht, ist die Webseite des Fördervereins: www.kirchehuettenrode.de. Da sind ein paar ziemlich engagierte Menschen am Werk, die offensichtlich wissen, wie man Dinge in Gang bringt.
Ein roter Stern am Straßenrand
Dann, schon auf dem Weg zurück, ein zweiter Stopp. Am Ortsausgang rechts am Straßenrand ragt ein Obelisk mit einem fünfzackigen roten Stern auf. Die Bedeutung ist klar: Zweiter Weltkrieg, Rote Armee, Kriegsgräber. Allerdings kamen die Russen nie nach Hüttenrode, das waren seinerzeit die Amerikaner. Also ebenfalls: anhalten, parken, nachschauen.
Da ist zunächst das wuchtige Ehrenmal, im klassisch sowjetischen Stil. Unten eine Platte: „Unter diesem Stein wo du stehst ruhen die gequälten Leute.“ Zwei ausführliche Informationstafeln am Eingang geben Auskunft. 95 sowjetischen Kriegsgefangene, die in einem Lager „in der Nähe des Kalkofens am Ortsausgang“ sowie in einem Lager „im Kalten Tal bei Elbingerode“ untergebracht waren, sind hier beerdigt. Sie mussten härteste Zwangsarbeit leisten, die sie nicht überlebten.
Außerdem liegen auf dem Friedhof 43 deutsche Soldaten, die in der allerletzten Phase des Krieges hier zwischen dem 12. und 19. April 1945 gefallen sind. Am 19. April besetzten die Amerikaner Hüttenrode, es wurde erbittert um jeden Meter der sogenannten „Festung Harz“ gekämpft. Neben den Holzkreuzen eine Metallplatte: „Hier ruhen die in den letzten Kriegstagen sinnlos Gefallenen.“
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Oldtimer im Harz
Jetzt ist die Oldtimer-Zeit. Fast an jedem Wochenende gibt es Rundfahrten und/oder Treffen, mir sind unterwegs schon öfter kleinere oder größere Altauto-Karawanen begegnet. Es macht ja auch Spaß, in angenehmer Landschaft weitgehend Ampelfrei entspannt unterwegs zu sein – und genauso viel Spaß macht es, den Autos von früher hinterher zu schauen. Vergangenes Wochenende war die „Sachsen-Anhalt Classic“ von Blankenburg durchs Selketal nach Stolberg unterwegs, am 29. und 30. Juli ist Walkenried das Zentrum der Schrauber-Fraktion. Am Geiersberg gibt es erst das „Sterne-Treffen“ – für die Freunde der Untertürkheimer Marke – und einen Tag später die Wiederauflage der „Südharz Classics“, wo es fast alles, das älter als Baujahr 1993 ist, zu bestaunen gibt.
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Einbruch und Brandstiftung im Gil-lato
Es macht ja schlechte Laune, über Idioten und Kriminelle zu schreiben – deswegen lasse ich das weitgehend – aber diese Geschichte nervt mich ganz persönlich. Das Gil-lato, der Imbiss- und Kaffee-Container am Ditfurter See, wurde Anfang dieser Woche aufgebrochen und abgefackelt. Erst im Mai ist er neu eröffnet worden, und da ich häufig zum See rausradel und da meine kleine Runde im Wasser drehe, ist das für mich wirklich ärgerlich. Der See ist sowieso toll und mit Sandstrand, Strandkörben und eben Gil-lato richtig schön hergerichtet worden. Dann kommen ein paar Idioten, klauen die Kaffeemaschine und legen Feuer. Laut Mitteldeutscher Zeitung beträgt der Schaden rund 40.000 Euro; ob und wie es weitergeht weiß im Moment noch niemand.
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Der Newsletter der vergangenen Woche über Hermann Blumenau, dem Hasselfelder in Brasilien, findet sich hier.
Über Genuss Spinner und Kiku, die neuen Restaurants in Quedlinburg, gibt es hier zu lesen.