Harzletter, der Einhundertfünfzehnte.
Alle Welt ist gerade auf den Weihnachtsmärkten unterwegs – das Wetter ist an diesem Wochenende aber auch zu schön – und ich: Schreibe über Kaffee. Wo wir doch alle eher über den dritten Glühwein nachdenken.
Aber das mit dem Kaffee hat einen Grund, und der heißt Kaffeemänner und findet in Ascherleben statt. Ok, ok, Aschersleben liegt schon sehr am Harzrand, eigentlich außerhalb der Harz-Region und mit Sicherheit näher an der Saale als am Brocken. Für einen schönen Kaffee winken wir auch das ausnahmsweise durch.
Kommen wir zur Sache: Mir ist vor ein paar Tagen im Regionalladen hier in Quedlinburg ein Päckchen Kaffee – ganze Bohnen natürlich – aufgefallen: „Der Rabenschwarze“, geröstet in Aschersleben, 100 Prozent Arabica, feine Süße, ausbalanciert. Passende schwarze Tüte, sehr coole Grafik; dahinter stehen eben jene Kaffeemänner.
Vor über einem Jahr habe ich hier schon mal über die geschrieben, damals ging es um den „DDR Kaffee 2.0“ (der heißt wirklich so). Mit einem kleinen textlichen Rückgriff auf die DDR-Kaffeekrise in den 70er Jahren und garniert mit einer Illustration im sehr klassenkämpferischen Stil der 50er.
Also höchste Zeit, endlich nach Aschersleben zu fahren und sich die Sache mit den Kaffeemännern genauer anzusehen. Sie rösten und verkaufen in der Hohe Straße 6, mitten im Ort. Großer kostenloser Parkplatz, und am Rand ein altes, fein saniertes Lagergebäude. Voilà. Man steht sofort mitten im üppigen Verkaufsraum: viel Holz, geschmackvolle Regale, ein riesiger Stehtisch, um dort in Ruhe Bücher, Broschüren und die diversen Kaffeesorten zu begutachten und vielleicht einen hervorragenden Cappucino samt Lerche zu probieren (Wer jetzt nicht weiß was Lerchen sind, einfach googeln unter „Leipziger Lerche“).
Ein Durchgang führt zu einem wirklich schönen Café – aber was heißt schon Café, das ist ein riesiger Raum dekoriert mit gefüllten Kaffeesäcken und vielen Deckenleuchten. Sehr einladend. Die Draußen-Sitzgelegenheiten sind natürlich gerade nicht in Betrieb, insgesamt ist das Gebäude einfach ein Knaller. Geröstet wird übrigens in der unteren Etage, aber da komme ich nicht hin.
Stattdessen stöbern in den Regalen, die Kaffeemänner haben inzwischen ein üppiges Angebot vorzuweisen, das weit über den Kaffee hinausgeht. Kannen, Mühlen, Filter, halt alles, was zur Zubereitung gebraucht wird. Dazu Feinkost (Likör, Schokolade, Honig, et cetera) und das unvermeidliche Merchandising: Cap, Beanie, Hoodie. Insgesamt alles in Maßen, man wird zum Glück damit nicht erschlagen.
Ich arbeite mich durch das Kaffee-Angebot, entdecke unter anderem den Orang Utan Coffee und den Fabelhaften, es gibt eine Röstung aus kenianischen und eine aus kolumbianischen Bohnen, einen Geisha- und einen Whiskykaffee und einen Adam Olearius Kaffee. Die Preise reichen von 9,50 bis rauf zu 15 Euro für 250 Gramm.
Aber wer sind jetzt die Kaffeemänner?
Da ich sie nicht in ihrem Laden antreffe, hilft die Webseite weiter: Dominik Rider und Thomas Schatz hatten vor über vier Jahren die Idee, eine Kaffeerösterei in Aschersleben zu starten. Beide haben einen umfassenden Kaffee-Hintergund; Dominik hat sich schon als Student mit dem Rösten beschäftigt, in Röstereien gearbeitet und eine entsprechende Ausbildung gemacht, Thomas war weltweit als Barista unterwegs und ist Experte für Kaffee-Zubereitung. Offensichtlich haben sie ein gutes Händchen, Mut – wer traut sich schon, in Aschersleben mit Kaffeerösten anzufangen – Humor und ein Gefühl für Vermarktung und Grafik.
Ihr Laden und die Webseite sind hochprofessionell und geschmackssicher gestaltet, die Fotos einfach klasse und die Texte auf den Rückseiten den Kaffeetüten lesen sich höchst unterhaltsam. Ganz nebenbei schreiben die beiden noch einen monatlichen Newsletter, der ausgedruckt auf den Tischen liegt und selbstverständlich sind sie auf Facebook und Instagram präsent.
Und bevor ich jetzt eine einzige Werbe-Eloge starte: Einfach mal vorbei fahren und einen Kaffee probieren – oder zuerst im Internet checken: www.kaffeemaenner.de. Ich kann nur sagen, bester Kaffee in der Region, und Respekt dafür, das angeschoben zu haben. Ascherleben ist übrigens auch ganz sehenswert.
Kurze Zusatzinfo zum Schluss: Das Gebäude, in dem die Kaffeemänner residieren, gehört der AGW (Ascherslebener Gebäude- und Wohnungsgesellschaft), und verfiel als Teil einer ehemaligen Seifenfabrik jahrzehntelang vor sich hin. Dann entschloss man sich zur Sanierung und erhielt für das Ergebnis 2022 den Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt. Schönes Ding.
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Vergangene Woche ging es um den ersten Schnee und das Wetter auf dem Brocken.
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Dann wanderten wir noch mit dem Nationalpark-Ranger von Drei Annen Hohne zur Leistenklippe.
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Auf Instagram findet der Harzletter auch statt: www.instagram.com/harzletter.de/