Harzletter, der Sechsundvierzigste.
Vor vier Wochen habe ich hier über zwei neue Restaurants in Quedlinburg geschrieben: Kiku und Genuss Spinner. (Warum übrigens das Genuss Spinner so heißt, wie es heißt, habe ich noch immer nicht herausgefunden – aber irgendeine Bedeutung muss das ja haben, ich bleibe weiter dran).
Inzwischen habe ich mir beide – besonders das Kiku – näher angesehen, und es lohnt sich, darüber noch einmal zu berichten.
Denn: Das Kiku war eine echte Offenbarung und ist auf jeden Fall eine Empfehlung, egal, ob man asiatisch inspirierte Küche mag oder eher nicht. Noch ist es einfach, einen Tisch zu bekommen, zumindest, wenn man nicht Samstags dort auflaufen will. Das Angebot hat sich offensichtlich noch nicht flächendeckend herumgesprochen, aber das wird sich ändern.
Die Karte erfreulich übersichtlich; ins Auge fällt das sechsgänige Menü für 70 (!) Euro. Dazu die Weinbegleitung (25 Euro). Die Abfolge: Thunfisch Tartar, Chawanmushi, Dim Sum (Teigtaschen), Algen-Lachs Steak, Hibachi Roastbeef, Mochi. Viele unbekannte Begriffe, man kann es sich im Detail erklären lassen – besser ist es, einfach zu probieren.
Denn jeder Gang ist ein Erlebnis. Es sind natürlich keine Riesen-Teller, aber auch keine minimalistische Bonsai-Häppchen, sondern gerade so, dass es passt und man sich auf die Fortsetzug freut (siehe Foto oben). Und die jeweiligen Kombinationen und Kreationen sind einfach große Kunst. Ich kann hier nicht die einzelnen Zutaten und Saucen beschreiben – die Namen habe ich fast alle schon wieder vergessen, Aber was Küchenchef Jan Fribus da hinzaubert, findet man sonst in Quedlinburg nicht.
Bei einem zweiten Abend habe ich Singapur Chili Huhn genommen – der Teller sah zunächst enttäuschend unspektakulär aus (bis auf das Eigelb in der Mitte – ich weiß, das ist kein Spiegelei, sondern ist was ganz spezielles Japanisches), aber dann! Sowas von Huhn und dann die Chili-Schärfe dazu – irgendwann muss ich das zu Hause auch hinkriegen. Wahrscheinlich bleibe ich erfolglos; gehe ich halt weiter ins Kiku. Als Nachtisch ein Goma-Eis (Eis aus Sesam, darauf muss man auch erst einmal kommen), natürlich himmlisch.
Und am Ende kam der Maître himself und plauderte ein wenig: Sehr angenehm, kein bisschen routiniertes Tische-Besuchen, ehrlich interessiert, wie der Abend war.
Große Kochkunst für überschaubares Geld; was will man mehr.
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Im Genuss Spinner war ich auch, allerdings nicht zum Essen. Kaffee und Kuchen mussten reichen. Zunächst: Ich hatte nach der Eröffnung ja getippt, das werde der neue Platzhirsch am Marktplatz, aber weit gefehlt. Zumindest, was das Tagesgeschäft angeht. Der Kuchen ist top, der Kaffee schmeckt, soweit passt alles.
Aber trotzdem liegt das Café Gelbke auf der gegenüberliegenden Marktplatzseite weiter ganz vorn; dass der Kaffee dort ein paar Cent günstiger ist, kann nicht der Grund sein. Ich vermute, es ist die Ausstrahlung: das Genuss Spinner sieht gestylt, ziemlich modern und fast zu cool aus – das Gelbke ist ganz eindeutig das Gegenteil: Vollgestellt mit Tafeln, auf denen das Angebot verkündet wird, leicht abgewetzte Tische und Stühle und die Wanddekoration innen ist eine Geschmacksverirrung erster Güte. Aber der Kuchen ist Weltklasse und Frühstücken und Essen kann man dort auch sehr solide. Und wunderbarerweise haben beide Läden denselben Eigentümer.
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Das Sonnenblumen-Labyrinth in Westerhausen
Aufgefallen ist mir das riesige Sonnenblumenfeld am Ortsausgang Westerhausen schon beim Vorbeifahren. Einmal habe ich sogar angehalten, um ein paar Fotos zu machen; die Blumen sahen im abendlichen Gegenlicht einfach zu gut aus. Was ich jetzt erst zufällig erfuhr: Das Feld ist auch als Labyrinth angelegt – vermutlich das einzige Sonnenblumen-Labyrinth in Deutschland. Die Westerhauser Familie Konietzke hatte – inspiriert durch Mais-Labyrinthe – die Idee, und so entstand auf vier Hektar der fröhliche Irrgarten. Denn Sonnenblumen machen irgendwie sofort gute Laune, auch wenn man sich darin mächtig verirren kann.
Schon der Eingang ist nicht ganz leicht zu finden, es gibt kein Schild, keinen Hinweis. Man muss von der Hauptstraße abbiegen und den Sackgassenzeichen folgen, dann entdeckt man am Straßenrand die rote Kasse des Vertrauens. Wer nicht nur herumirren sondern auch ein paar Blumen mit nach Hause nehmen will, kann das tun: zum Billigpreis von einem Euro pro Stengel. Besucher müssen sich allerdings beeilen: Irgendwann in den nächsten Tagen sollen das Feld abgemäht werden.
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Der Newsletter der vergangenen Woche über eine Motorrad-Runde nach Hüttenrode findet sich hier.
Über Hermann Blumenau, den Hasselfelder, der in Brasilien eine Großstadt gründete, gibt es hier zu lesen.