Harzletter, der Einhundertachtzehnte.
Kurz vor Weihnachten eine Ausgabe des Harzletters ausschließlich über Quedlinburg zum Thema Restaurierung. Passt eigentlich nicht besonders zum Fest, aber wenn die Stadt am 17. Dezember ein Bürgerfest zum Thema „30 Jahre Welterbe UNESCO“ schmeißt, sehe ich mir das natürlich an. Denn zu diesem Fest öffneten sich die Türen zu zwei großen Quedlinburger Restaurierungs-Projekten: Zum einen der Stiftsberg, zum anderen der Adelshof in der Wordgasse.
Aber bevor es um Renovieren und Restaurieren geht, hier eine Mitteilung der Stadtverwaltung Quedlinburg:
Der Weihnachtsmarkt bleibt geschlossen
Unser Mitgefühl ist groß, unsere Gedanken bei den Opfern und den Angehörigen der unfassbaren Geschehnisse auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt.
Wir werden die Blasiikirche, auch wenn sie keine geweihte Kirche mehr ist, als Ort der Stille öffnen und Kerzen und Trauerflor aufstellen. Die Museen bleiben ebenfalls geschlossen.
Am 21. wurde entsprechend der Weihnachtsmarkt abgebaut. Gut so.
Zu den Restaurierungen: Am 17. bin ich zuerst Richtung Wordgasse gegangen. Der Adelshof dort ist ein Quedlinburger Vorzeigeensemble. Optisch vor allem wegen des Taubenschlags, der sehr dekorativ in der Mitte der Anlage steht. Wenn man den Hof durch das Eingangstor betritt, sieht auf den ersten Blick alles restauriert und ordentlich aus – das Restaurant „Le Feu“ kann sich eigentlich keine schöne Location wünschen.
Aber das Gebäude an der Stirnseite ist auf den zweiten Blick sehr sehr marode und auf dem besten Weg zur Ruine. Weil das natürlich nicht geht, wird dort seit rund zwei (?) Jahren renoviert und restauriert.
Die ganze Anlage heißt übrigens Fleischhof. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz vermutet, der Name komme daher, dass die ehemals in der Nähe residierende Fleischergilde die kühlen Gewölbe der Hofanlage nutzten. „Adelshof“ ist der übergeordnete Begriff; diese Höfe wurden im Mittelalter verdienten Rittern oder Edelleuten als Lehen übertragen.
Restaurierung tut Not
Wenn man die Baustelle betritt, ist der erste Eindruck: Fass ohne Boden. Alles, wirklich alles sieht marode aus. Aufgerissene Decken, aus denen das Stroh heraushängt, Reste von Wänden, nicht sehr vertrauenerweckende Treppen und Übergänge. Hier hat jemand Großes vor.
In einem Raum werden durch Mitglieder der JugendBauhütte Steine bearbeitet, an anderer Stelle untersuchen Studenten aus Dessau die Beschaffenheit der Wände. Das Ganze wird vor allem von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz organisiert und betrieben. Man sieht viel Enthusiasmus, erhält sehr bereitwillig Auskunft und freut sich, dass so ein wirklich historisches Gebäude gerettet werden soll.
Die endgültige Verwendung ist noch offen – wenn geklärt ist, was aus dem wirklich großem Komplex später werden soll, können die Restaurierungsarbeiten zielgerichtet voran gehen. Soweit die Auskunft auf der Baustelle.
Denn es müssen nicht nur die heruntergekommenen Decken und Wände restauriert werden; darüber hinaus sind Elektrik, Rohre, Sanitärbereich et cetera auf aktuellem Stand neu einzubauen. Das wird, so erfahre ich, wohl noch ein paar Jahre dauern. Ich bin gespannt.
Projekt Stiftsberg
Dann aber rauf auf den Stiftsberg. Hier ist seit Monaten der direkte Aufgang und der Zugang zu den Stiftsgebäuden gesperrt. Auf großen Plakaten steht, dass alles schöner und besser werden soll, zwischendurch gab es aber Meldungen über Probleme bei der Finanzierung. Und den Stiftsberg kann man seit Beginn der Restaurierungs- und Umbau-Arbeiten nur noch über die Hintertreppe betreten, die Stiftskirche ist seitdem eingeschränkt zugänglich, das Schlossmuseum ist natürlich geschlossen.
Aber jetzt: Vor einem Bauzaun, hatten sich reichlich Interessenten versammelt, die wie ich neugierig waren. Alle zehn Minuten wurde ein neuer, etwa 15-köpfiger Trupp durch die offene Baustelle geführt – ein Lob für die gute Organisation durch die Stadtverwaltung.
Nach reichlich Belehrungen über Sicherheit und Verhalten auf der Baustelle ging es die Treppe runter und rein ins Innerste. Und ohne jetzt auf die vielen Details einzugehen (die meisten habe ich sowieso inzwischen wieder vergessen): Das Ding wird groß!
Für mich als Halbgebildeten, was die Stiftsgeschichte angeht, war es mächtig beeindruckend, zu sehen, was dort geplant und umgesetzt wird. Ganz wichtig: Die Museums-Show wird als durchgehender Rundgang geplant; man muss nicht mehr, wie früher, die Gebäude einzeln betreten.
Und nach allem, was wir zu den Details hörten, sieht es so aus, dass man dort richtig viel Zeit verbringen kann / verbringen muss, wenn man all das, was dort gezeigt und erläutert werden wird, auch nur halbwegs aufsaugen will. Neben der Historie ist allein schon der Blick aus den Fenstern runter auf die Stadt den Besuch wert. Ich freue mich jetzt schon, wenn im übernächsten (?) Jahr die Restaurierung beendet sein wird.
Fun-Fact: Der berühmte Raubgrafenkasten, also der Holzverschlag, in dem angeblich 1337 Graf Albrecht II. von Regenstein von den Quedlinburger Bürgern gefangengehalten wurde, steht bereits an seinem neuen Platz. Noch verhüllt, denn um ihn herum wird noch ausgiebig gearbeitet.
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Vergangene Woche ging es um die Bergweihnacht auf der Grube Glasebach.
Davor war ich in Erinnerung an Johann Wolfgang Goethe Richtung Brocken unterwegs.
Dann war da noch der Ausflug zu den Kaffeemännern in Aschersleben.
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