Harzletter, der Einhundertsiebzehnte.
Das war wirklich ein besonderes Harz- und Weihnachtserlebnis: Bergweihnacht. In Straßberg im Ostharz auf der Grube Glasebach. Hatte ich zufällig gelesen in der Liste der besonderen vorweihnachtlichen Veranstaltungen. Ohne nähere Hinweise, aber mit einem vielversprechendem Foto. Und da das eine einmalige Veranstaltung am 14. Dezember war und Straßberg in erreichbarer Nähe liegt: Nix wie hin.
Vom Parkplatz am Ortsausgang bis zum Eingang zur Grube Glasebach war es ein gutes Stück zu laufen, aber die klare Winterluft (ja, es wird endlich kälter!) tat gut. Und dann: Eine Art Tor mit dem Grubennamen, Hammer und Schlegel und Glückauf. Eine hohe, leuchtende Tanne in der Mitte, reichlich Rauch über dem Platz. Im Hintergrund der beleuchtete Förderturm und die Bergwerksgebäude. Dazu Stehtische und Pavillons. Alles irgendwo im Nirgendwo, in freier Natur, und so ganz anders als jeder Weihnachtsmarkt, den man inzwischen erlebt hat.
Erstmal einen Glühwein, und sehen, was hier angeboten wird. Viel zu Essen und kein Schnickschnack zu kaufen, das ist schon mal gut. Und da diese Bergweihnacht vom Montanverein Ostharz e. V. organisiert wird, geht es kulinarisch erfreulich bodenständig zu: Da köchelt der Topf mit Gulaschsuppe über dem offenen Feuer, da gibt es Schmalzstullen, natürlich ist auch ein Grill für die Thüringer im Einsatz, außerdem sehe ich Grünkohl mit Knacker, Fisch (!) und aus der süßen Abteilung Waffeln. Alles großartig, alles zu sehr vernünftigen Preisen und alles von den Vereinsmitgliedern mit spürbarer Begeisterung über den Tisch gereicht.
Über den Platz sind Feuerschalen verteilt, und die Stehtische sind um Öfen gruppiert, die über ihre Schornsteine reichlich Rauch ausstoßen. Nicht so toll für die Kleidung, aber das ist irgendwie egal, den Qualmgeruch kann man später wieder auslüften. Man kennt sich, man grüßt sich, es wird voll, aber nicht zu voll, viele Bergmanns-Uniformen sind zu sehen, einfach eine schöne angenehme Atmosphäre.
In der Schmiede der Grube Glasebach
Die Bergweihnacht auf Glasebach hatte im vergangenen Jahr Premiere; offensichtlich eine erfolgreiche, jetzt fand die zweite Auflage statt – und noch bleibt man unter sich, die Busse mit den Weihnachtsmarkt-Touristen haben Straßberg noch nicht entdeckt.
Der Knaller ist das Beiprogramm, schließlich sind wir auf einem Bergwerksgelände und in wärmeren Zeiten finden hier Grubenfahrten und Besichtigungen statt. Zur Bergweihnacht hatte die Schmiede geöffnet: Das Feuer brannte, das glühende Eisen wurde bearbeitet und die Kinder durften mithelfen. Unter Anleitung des Schmiedes wurden glühende Eisenstücke zurecht gehämmert, und das war natürlich eine ganz andere Sache als zum Beispiel ödes Karussellfahren.
Es wurde noch besser: Der Weihnachtsmann war angekündigt, und er sollte mit der alten Grubenbahn ankommen (Die Rentiere brauchen mal eine Pause und deswegen … und so weiter). Und zum Haltepunkt dieser Grubenbahn stolperten alle Kinder und deren Aufpasser im Dunkeln ein paar hundert Meter am Wald entlang, was die Aufregung steigerte und ein kleines Extra-Abenteuer war.
Und dann stand man da, erwartungsvoll irgendwo im kalten Harz und wartete und es tauchte wirklich eine Bahn mit einem rotgekleideten bärtigen Passagier auf. Der sogar ein paar Geschenke dabei hatte. Das war mal ein Nikolaus-Auftritt, so aus der Dunkelheit ins Licht sollten die immer zu den Kindern kommen. Mit schnellem Schritt ging es zurück zum Festplatz, wo dann wirklich Geschenke verteilt wurden.
Alles in allem: Herzerwärmend. Und einfach eine perfekte Einstimmung auf das wirkliche Weihnachten. Ein bisschen Schnee fiel sogar, und auf dem Weg zurück zum Auto fühlte es sich richtig nach Harzwinter an. Wunderbar.
Die Grube Glasebach, auf deren Gelände das alles stattfand, hat eine lange und bewegte Bergbaugeschichte. Schon um 1400 ging es los, gewonnen wurde Flussspat und Silber. Immer wieder wurde die Grube stillgelegt und wieder in Betrieb genommen, endgültig stillgelegt wurde sie erst 1990. Ein tragisches Ereignis ist noch sehr präsent: Am 26. September 1956 starben bei einem Wassereinbruch sechs Bergleute in 140 Meter Tiefe.
Zu DDR-Zeiten gab es Pläne, die Grube komplett zu verfüllen und eine Siedlung auf das Gelände zu setzen, dagegen engagierten sich Straßberger Bürger und die Wende bewirkte ein Übriges. 1991 wurde entschieden, die Grube Glasebach als Kulturdenkmal zu erhalten, vier Jahre später wurde das Bergwerksmuseum eröffnet. Die Fotos auf der Webseite der Grube sehen einigermaßen eindrucksvoll aus, besonders auch die engen Stollen, in denen die Bergmänner früher unterwegs waren.
Das merke ich mir vor. Im Frühling/Sommer, wenn Besichtigungen wieder möglich sind, will ich mir das ansehen.
Aber jetzt erst einmal Weihnachten. Bergmännisch fühle ich mich jedenfalls gerüstet. Dank Glasebach.
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Vergangene Woche war ich in Erinnerung an Johann Wolfgang Goethe Richtung Brocken unterwegs.
Davor habe ich die Kaffeemänner in Aschersleben besucht.
Hier steht eine Auflistung der außergewöhnlichen Weihnachtsmärkte im Harz.
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