Walpurgisnacht im Harz: Es farzt die Hexe, es stinkt der Bock

Harzletter, der Dreißigste.

„Das drängt und stößt, das ruscht und klappert!
Das zischt und quirlt, das zieht und plappert!
Das leuchtet, sprüht und stinkt und brennt!
Ein wahres Hexenelement!“

(J. W. Von Goethe: Faust 1, Kapitel 24.
Walpurgisnacht.
Harzgebirg. Gegend von Schierke und Elend
)

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Nach den Osterfeuern ist vor der Walpurgisnacht. Und dass die Nacht auf den 1. Mai ein Harzer Mega-Event ist, verdanken wir vor allem Johann Wolfgang von Goethe und „Faust 1“. Auch vor Goethe war der Brocken schon als Hexenberg angesehen, aber erst der Weimarer Geheime Rat machte daraus einen wirklich volkstümlichen Begriff.

Wikipedia beschreibt das so:

„Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gilt der Brocken als Hauptversammlungsort der Hexen aus ganz Deutschland. Die Verbreitung und Popularisierung des Brockens als Hexenberg entstand vor allem durch das populäre Werk Blockes-Berges Verrichtung (1668) von Johannes Praetorius; durch Goethes Faust. Eine Tragödie (1808), der Prätorius’ Buch dabei benutzte, wurde das Motiv des Hexentanzes am 1. Mai Bestandteil der nationalen Bildung. Der durch Prätorius und dann erst recht Goethe angestoßene Bildungstourismus führte seit der verkehrsmäßigen Erschließung des Brockens dann auch zu alljährlichen Festen zur Walpurgisnacht einschließlich des Verkaufs einschlägiger Andenken.“

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Übrigens: Das Zitat am Anfang spricht Mephistopheles. Bemerkenswert die Ausrufezeichen nach jeder Zeile und das schöne, inzwischen vergessene Wort „ruscht“ (von mittelhochdeutsch rusche, rusch, von urgermanisch *rusk-, indogermanisch *rezg- „falten, winden“; verwandt mit englisch rush‎, niederländisch rusch‎).

Gleich noch einer hinterher:

„Die Hexen zu dem Brocken ziehn,
Die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün.
Dort sammelt sich der große Hauf,
Herr Urian sitzt oben auf.
So geht es über Stein und Stock,
Es farzt die Hexe, es stinkt der Bock.“
(Chor der Hexen)

„Herr Urian“ ist der Teufel, und, ja, es heißt im Text wirklich „farzt“ und nicht furzt.
Goethe war eben nicht nur schöngeistig und entsprechend langweilig unterwegs; er konnte auch deftig und ordinär sein.

Es dauert noch zwei Wochen bis zum 1. Mai, aber es wird bereits allerorten getrommelt. Für Hexentreffen, Festivals, Showprogramme. Walpurgisnacht ist zu einem Event-Termin geworden – vor allem in den Orten in Brockennähe (beispielsweise Braunlage, Schierke, Thale) und kostet natürlich. Zwischen 10 und 26 Euro werden als Eintritt aufgerufen. Was dafür geboten wird? Das übliche Bespaßungs-Programm: Essen, Trinken, Lärmen, Kostüme. Die Plakate finde ich eher abschreckend, aber das sehen Hobby-Hexen und Freizeit-Teufel sicher anders.

Erst jetzt wurde ein Diebstahl in einer Rossmann-Filiale in Wernigerode im Harz bekannt. Im Januar hat dort eine bisher unbekannte Frau 126 Packungen Zahncreme gestohlen. Die Überwachungskamera zeigte, dass sie die Packungen in einem präparierten Kinderwagen verstaute und die Filiale verließ, ohne zu bezahlen. Was macht jemand mit 126 Tuben Zahnpasta?

Noch einmal Wernigerode, diesmal kulinarisch:

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Mehr zufällig bin ich Abends im „Orchidea Huong“ einem japanisch-vietnamesischen Restaurant mitten im Ort gelandet. Kleiner Hunger, schnell was essen. Und dann eine große, durch und durch positive Überraschung.
Sehr freundliche Begrüßung, ein sehr geschmackvoll eingerichteter Gastraum (das ist bei Asiaten ja oft eine eher kitschige Angelegenheit), zwei sehr vielversprechende Karten (eine japanische, eine vietnamesische). Kleine Nettigkeiten: Ein feuchtes Tuch zum Händereinigen, ein Gruß-Schälchen aus der Küche. Ich bestelle, was ich beim Vietnamesen kenne: Sommerrolle und Pho Bo (eine Suppe mit Rindfleisch-Streifen). Und es ist umwerfend – kein Vergleich mit dem, was ich bisher gewohnt war.
Und das Schönste: Die Preise sind absolut überschaubar, am Ende zahle ich nicht mehr als bei jedem Durchschnitts-Vietnamesen. Insgesamt: sehr, sehr empfehlenswert.

Zwei Fun-Facts als Zugabe:
– das Orchidea Huong ist in der Liste der „besten Restaurants für jeden Tag“ vertreten – die Zeitschrift „Feinschmecker“ vergibt so eine Auszeichnung. Kannte ich auch noch nicht; klingt aber ziemlich sinnvoll.

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– beim Rausgehen entdecke ich an einer Pinnwand ein paar Fotos und beim genauen Hinsehen finde ich bekannte Gesichter: George Clooney und Matt Damon zusammen mit der Huong-Crew. Hollywood im Harz! Die beiden waren hier, als sie vor rund zehn Jahren „The Monuments Men“ vor allem in Goslar drehten. Und im Orchidea Huong feierte Superstar Clooney am 6. Mai 2013 seinen 52. Geburtstag.

Den Newsletter über den beginnenden Harzfrühling und den ersten Aperol Spritz im Freien gibt’s hier.

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