Harzletter, der Sechzehnte.
Ein neues Jahr soll man ja eher sanft beginnen – bloß nicht nach der Weihnachtsruhe gleich hektisch wieder mit der Arbeit anfangen. Sondern Zeit finden für einen kleinen Ausflug.
Nach Stolberg. Perle des Südharzes. Stadt Thomas Müntzers (der aus den Bauernkriegen). Fachwerk-Juwel. Dazu ein Grafenschloss hoch über der Stadt.
Nach einer gemütlichen Fahrt quer durch den Harz landet man im Thyratal und fast schon in Thüringen. Eine Fachwerk-Idylle – absolut vergleichbar mit Quedlinburg – malerisch gelegen zwischen Berghängen. Offensichtlich nahezu unzerstört von Kriegen und Unruhen, und zu DDR-Zeiten auch wegen des Säulen-Heiligen Thomas Müntzer gehegt und gepflegt. Ein Stadtbild wie aus dem Bilderbuch und regelmäßig bei Abstimmungen nach dem schönsten Ort ganz vorn mit dabei.
Ein bequemer Höhenweg führt am Ortsrand entlang und erlaubt einen freien Blick auf Schloss und das Häusergewirr. Schön. Stolberg ist klein, überschaubar, hat nur rund 1400 Einwohner. Es ist touristisch bestens erschlossen – die stattliche Zahl der Hotels und Cafés spricht für sich.
Beim Gang durch den Ort sehe ich ein leicht altmodisches Schild: Friwi Fabrikverkauf. Eine Hintertreppe, eine dunkle Tür und dann öffnet sich ein Keks-Paradies. 1891 eröffnete Friedrich Wilhelm Witte in Stolberg eine Bäckerei und Konditorei und baute sein Sortiment unermüdlich aus. In den Firmenannalen wird unter anderem eine Goldmedaille für den „Stolberger Sanitätszwieback“ erwähnt. Aus der Bäckerei wurde eine Fabrik, das Friwi-Gebäck war eine Erfolgsgeschichte.
1972 kam die Zwangsenteignung, aus Friwi wurde VEB Feingebäck.
1990 stellten die Nachkommen des Gründers einen Reprivatisierungsantrag, drei Jahre später begann Friwi von vorn. Zunächst wieder mit einer Bäckerei und einem Café, heute wird der gesamte Harz beliefert, und der Internet-Versand floriert ebenfalls. Das alles erfahre ich ganz nebenbei von der netten Verkäuferin, während ich in den Keksregalen umherschaue und mich schwer tue mit dem Entscheiden. Auch wenn gerade Weihnachten war: Plätzchen und Kekse gehen immer und wenn dann noch der lokale Harz-Charme dazu kommt – perfekt (außerdem schmecken sie natürlich, mein aktueller Favorit sind die „Harzer Tierkinder“).
Im Vorbeigehen noch eine kleine kulinarische Entdeckung: Café Alt, gelegen in einer Nebenstraße und entsprechend leicht zu übersehen. Gemütliche Fachwerk-Atmosphäre, hervorragender selbstgebackener Kuchen, bester Kaffee (eine kolumbianische Bohne, die auch im Café verkauft wird). Genau der richtige Ort nach Rumlaufen, Gucken, Fotografieren.
Natürlich sind auch ein paar mehr oder weniger bekannte Namen mit Stolberg verbunden: neben Herrn Müntzer vor allem Martin Luther – der hier ein paarmal zu Besuch war – , der fast vergessene Schriftsteller Johann Gottfried Schnabel und die diversen Gräfinnen und Grafen zu Stolberg. Viel Geschichte – und die Gebäude dazu stehen ja alle noch rum. Ich komme wieder.
…
Und dann kletterte am 3. Januar abends in Quedlinburg ein Mann auf einem Parkplatz nackt an einer Laterne hoch. Als die herbeigerufene Polizei eintraf, war der sportliche Ärgernis-Erreger bereits wieder bekleidet. Grund für die Kletteraktion war eine Art Wette, die durch ermittelte 1,68 Promille offensichtlich befeuert wurde. Bei aller Ordnungswidrigkeit: Nackt eine Laterne hochzukommen, das muss man erst mal schaffen. Respekt!
Allen ein frohes, gesundes, unfallfreies Neues Jahr.