Olympia 2024! Auch ich in Paris – im Stadion und bei Heinrich Heine

Harzletter, der Achtundneunzigste.

Sorry, aber diesmal hat der Harz Pause. Es läuft Olympia, oder wie die Franzosen kurz und knackig sagen: JO (Jeux Olympiques). Ich hatte schon vor Monaten für mich beschlossen: Olympia 2024, da will ich hin, das ist eine Once-in-a-lifetime-Chance.

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Wer weiß schon, wann die Spiele wieder in Europa und derart in Reichweite stattfinden werden.

Ich will nicht mit Details zur Planung etc. langweilen, nur das Ergebnis: Ich war gerade vier Tage dort, es war anstrengend, es war teilweise teuer, und es war so was von lohnend.

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Freitag Vormittag bin ich noch im Stade de France gesessen, beim Beginn des Zehnkampfs, den Vorläufen über 100 Meter der Frauen, den Vorläufen über 1500 Meter Männer, habe die Hochsprung-Frauen, Hammerwerfer und noch mehr gesehen. Zusammen mit rund 60 Tausend, das Stadion war schon morgens um zehn rappelvoll. Dazu eine Stimmung, wie es sie wohl nur bei Olympia gibt. Menschen aus wirklich allen Ländern, natürlich in der Mehrzahl Europäer und davon wieder in der Mehrheit Franzosen, alle durcheinander gemischt, extrem friedlich, extrem gut gelaunt, auffallend viele Familien mit Kindern dabei.

Man feiert die Athleten, auch ein bisschen sich selbst, und man fiebert mit. Die Stille vor jedem Start eines Hundert-Meter-Laufs und die Jubelexplosion nach dem Schuss. Die Begeisterung, die den 1500-Meter-Läufern rund um das Stadion wie eine La-Ola-Welle folgt. Natürlich wird jeder Franzose und jede Französin enthusiastisch bejubelt, aber genauso wird jede überquerte Latte und jeder Satz in die Weitsprunggrube beklatscht – egal, wer da gerade Anlauf nahm.

Das kann man sich zwar alles auch im Fernsehen auf dem Sofa ansehen, aber live vor Ort hat das eine ganz andere Erlebnis-Qualität. Und es quatscht einem kein nerviger Moderator dazwischen.

Vorher, in den Zeitungen, konnte man reichlich Bedenken lesen: die Seine zu dreckig, das Wetter zu stürmisch, viel zu viele Sicherheitskräfte, die Preise zu hoch, die Organisation überfordert.

Alors, es ist Olympia und es ist Frankreich. La Grande Nation. Die lassen sich doch so eine Gelegenheit nicht entgehen. Und sie verstehen viel von Inszenierung und Grandeur. Der Regen bei der Eröffnung – mon Dieu, c’est la vie, so was kommt vor. Eine ganze Stadt als Olympia-Spielwiese, das muss man sich erst einmal trauen. Und Paris ist schließlich nicht irgendeine Stadt.

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Aber wenn man dann dort ist, und sich nicht nur auf den Sportanlagen rumtreibt, merkt man schnell: Das Leben läuft auch hier ganz normal weiter. Keine Absperrungen, kaum Polizei, eigentlich ist alles wie immer. Im Zentrum ballen sich Touristen um die bekannten Sehenswürdigkeiten, in den Bars sitzen die Menschen abends draußen, unterhalten sich und ignorieren die Fernseher, die überall und durchgehend laufen und die aktuellen Wettkämpfe zeigen, die Restaurants sind voll, die Abende lang.

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Natürlich wissen die Pariser, dass da bei ihnen gerade die größte Sport-Show der Welt läuft. Die Zeitungen überschlagen sich in Lobeshymnen über den neuen Schwimm-Superstar Léon Marchand, es gibt über zwanzig offizielle Public-Viewing-Plätze in der ganzen Stadt verteilt, wo man sehr entspannt Abends bei einem Getränk den Wettkämpfen zuschauen kann, ab und zu rast irgendeine Wagenkolonne mit offensichtlich wichtigen Menschen und reichlich Blaulicht und Tatü vorbei, und dann wird der Président auch noch von einer Ministerin öffentlich heftig abgeknutscht. Diese Franzosen!

Drei Karten für Olympia

Ich habe es geschafft, mir im voraus drei Karten zu besorgen: für Volleyball, für Rudern und für besagte Leichtathletik. Ich hätte auch Bogenschießen, Boxen und Triathlon genommen; die Sportarten waren mit ziemlich egal, es ging mir mehr um die Atmosphäre, und ob am Ende Deutschland 7 oder 10 Goldmedaillen gewinnt, ist mir ebenfalls wurscht. So sah ich ein tolles Volleyball-Spiel zwischen Slowenien und Serbien (3:0 für Slowenien), und schaute den Ruderern zu, wie sie in etwa 200 Meter Entfernung an uns Menschen auf den billigen Plätzen vorbei glitten. Es war immer und überall voll, die Menschen lebten einen Hang zu absurden Kopfbedeckungen und wilden Bemalungen aus und kamen in Massen.

Meine größte Überraschung: die perfekte Organisation. Ich erlebte die, als ich zur Ruderstrecke in Vaires-sur-Marne gelangen wollte. Die liegt ein paar Kilometer außerhalb von Paris, und ich hatte mir komplizierte Gedanken gemacht, wie ich vom Gare de l’Est mit welchem Zug am besten dorthin gelange.

Als ich am Morgen am Bahnhof eintraf: überall Hinweisschilder in Richtung Ruderstrecke und außerdem Dutzende von Helfern, die nur darauf warteten, dass ein hilfloser Tourist sie auf irgendwas ansprechen würde. Geduldig und freundlich wurden die Metro-Tickets und alle Fragen um Olympia erklärt, dazu gab es als Einstieg immer ein fröhliches „Bonjour“, das ganz und gar nicht aufgesetzt oder eintrainiert wirkte. Auffallend viele Helfer im Rentenalter waren mit dabei und hatten offensichtlich viel Spaß an ihrem Zeitarbeits-Job.

Es war unmöglich, sich zu verlaufen; auch unterwegs gab es immer wieder Freiwillige, die einen in die richtige Richtung schickten. Gendarmerie und ein paar Soldaten sah man auch, allerdings wirkte deren Präsenz eher harmlos, da wird bei den meisten Bundesligaspielen mehr aufgeboten.

Rudern – das nur so nebenbei – ist zum Zuschauen leider ein eher langweiliger Sport. Irgendwo weit weg kommen die Boote vorbei, das meiste sieht man sich auf einer großen Leinwand an. Und ob da jemand einen 38er oder einen 43er Schlag fährt, kann mich erst einmal auch nicht begeistern. Da hatte Volleyball wesentlich mehr zu bieten. Rasante Abläufe, kein direkter Gegner-Kontakt, brutale Schmetterschläge; hier war richtig Action und man konnte auch von den oberen Plätzen das Geschehen optimal verfolgen.

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Und dann gab es doch noch ein kleines Harz-Erlebnis in Paris. Immer nur Sport macht auch nicht glücklich, und so habe ich einen der bekanntesten Deutschen, der auch zum Harz eine enge Verbindung hat, aufgesucht. Heinrich Heine – der Verfasser der „Harzreise“ – lebte lange in Paris, und ist dort 1856 gestorben und begraben. Auf dem Cimetière Montmartre, wo auch reichlich andere Berühmtheiten aus dem 19. und 20. Jahrhundert liegen. Monsieur Heine hat dort ein schönes weißes Grabmal und ist unter belesenen Franzosen heute noch bekannt und geschätzt. In Deutschland natürlich ebenfalls; wobei seine Lebensgeschichte schon sehr besonders ist, einfach weil er Jude war.

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Dazu mehr bei anderer Gelegenheit – immerhin ist es genau 200 Jahre her, dass er sich auf seinen berühmten Weg von Göttingen aus über den Brocken nach Ilsenburg und weiter nach Weimar machte. Woraus die „Harzreise“ entstand. Literaturgeschichte und heute noch unterhaltsam und lesenswert.

Vergangene Woche war ich in Goslar bei der Eröffnung der Dieter-Nuhr-Ausstellung.

Davor in Wernigerode an der Hofbude von Robin Pietsch und zum Eis-Test.

Hier ging es an der Teufelsmauer entlang.

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Auf Instagram findet der Harzletter auch statt: www.instagram.com/harzletter.de/

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