Das Luftfahrtmuseum Wernigerode und Vorfreude auf Giovanni Zarrella Open-Air

Harzletter, der Sechsundsiebzigste.

Ich hatte das schon lange vor, und jetzt habe ich es einfach gemacht: ein Besuch im Luftfahrtmuseum Wernigerode. Luftfahrt und Harz? Das klingt zunächst nicht besonders kompatibel – aber nach ein paar Stunden im Museum weiß ich: Werch ein Illtum! (Sorry, dieser kleiner Schlenker musste sein – und wer da nur Bahnhof versteht, gibt diese drei Worte schnell bei Google ein, da wird Ihnen geholfen).

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Man kommt durch die Glas-Eingangstür und spürt sofort eine besondere Atmosphäre. Sehr großformatige, in sanften Brauntönen gehaltene Fotos von Flugzeugdetails: Propeller, Cockpit-Instrumente, ein Fahrwerk. Unwillkürlich summt Reinhard Mey im Kopf. „Über den Wolken …“ und so weiter.

Es geht also schon mal stimmungsvoll los im Luftfahrtmuseum Wernigerode – noch bevor man überhaupt den ersten der vier Ausstellungshangars betreten hat.

Das Luftfahrtmuseum am nördlichen Harzrand ist das Ergebnis der Sammelleidenschaft eines gebürtigen Braunschweigers. Clemens Aulich ist seit frühester Kindheit fasziniert von allem, was fliegt – und er hat seitdem unentwegt zusammengetragen. Instrumente, Flugpläne, Ausrüstung, Bekleidung; später kamen komplette Flugzeuge, Hubschrauber, Simulatoren hinzu. Heute sind in „seinem“ Museum über 50 zum Teil einzigartige Flug-Originale zu besichtigen, um die er sich zusammen mit seiner Frau Madeleine und insgesamt 20 Mitarbeitern kümmert.

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„Infiziert wurde ich durch meinen Großvater“, erzählt er, „der arbeitete als Fluglehrer am Flughafen Braunschweig, und da meine Eltern beide berufstätig waren, verbrachte ich bei ihm viel Zeit und wuchs praktisch auf dem Flughafen und in Flugzeugen auf.“

Schon als Kind gesammelt

Schon als Sechsjähriger habe er gesammelt, was immer mit der Fliegerei zu tun hatte und in seinem Kinderzimmer ein kleines Museum („gegen Eintritt!“) inszeniert. Als Siebzehnjähriger verließ er Braunschweig Richtung USA, machte dort seinen Schulabschluss, dann studierte er Medizin und Maschinenbau. Er machte sich früh selbständig, gründete und verkaufte Firmen, arbeitete auch einige Jahre für VW („unter Lopez“) als Fabrikplaner. Das Fliegen und das Sammeln hat ihn immer begleitet – und als sich nach der Wende in Wernigerode die Gelegenheit bot, eine leerstehende Halle im Gewerbegebiet günstig zu erwerben, griff er zu.

Diese Halle hat sich inzwischen erweitert zu vier Hangars, in denen seine Schätze präsentiert werden. „In den Kellern stehen fast noch einmal so viele Objekte, die Ausstellung verändert sich ständig, denn es kommt ja auch immer wieder Neues hinzu“, erklärt er.

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Man muss nicht viel Ahnung von Technik haben, um die Faszination des Fliegens zu spüren: Gleich beim Betreten des ersten Hangars des Luftfahrtmuseums hängt der berühmte „Normalsegelapparat“ von Otto Lilienthal an der Decke, „mit Originalteilen aus der damaligen Zeit“, wie Clemens Aulich stolz erzählt. Und ein bisschen ehrfürchtig kann man sich aus nächster Nähe überzeugen, mit was für zerbrechlichen Konstruktionen die Pioniere vor über hundert Jahren vom Boden abhoben.

Die Geschichte der Fliegerei geballt im Luftfahrtmuseum

Wir schlendern durch die Hallen – es ist ein Schnelldurchlauf durch die Geschichte der Fliegerei, was bei Otto Lilienthal beginnt, endet bei einer russischen MIG, einem Starfighter und einer französischen Mirage. Ausgemusterte Kampfflugzeuge, die technische Perfektion und massive Zerstörungskraft ausstrahlen. Zu jedem der Flieger kann Clemens Aulich natürlich ausführlich erzählen: „Ich kenne jede Schraube und jeden Bolzen“, sagt er, und man glaubt es ihm aufs Wort. Zusätzlich gibt es pralle Geschichten rund um den Erwerb der Flugzeuge; man kann etwa eine MIG schließlich nicht bei Ebay ersteigern, und manche frühe Objekte hat er buchstäblich irgendwo in einer halb vergessenen Scheune aufgestöbert.

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Damit diese ganze geballte Technik-Geschichte im Luftfahrtmuseum nicht nur für Flug-Verrückte interessant ist, muss sie zugänglich präsentiert werden, und jetzt kommt Madeleine Aulich ins Spiel. Sie kümmert sich seit 2008 um die Präsentation, die Beschriftung, den Eingangsbereich, die Gastronomie, das gesamte Marketing. „Als ich anfing, hatte wir rund 10.000 Besucher pro Jahr, jetzt sind wir bei 90.000“, erzählt sie. Sie hat das Luftfahrtmuseum zugänglicher gemacht – vor allem auch für Kinder. Nicht zu viele Ausstellungsstücke, nicht zu ausführliche schriftliche Informationen, möglichst kein Fach-Chinesisch, einige Mitmach- und Spiel-Stationen, und – ganz wichtig – Kleinigkeiten, wie überall herumstehende Hocker, damit auch Kleinere problemlos alles begutachten können.

Der Höhepunkt des Luftfahrtmuseums: Die Transall auf dem Dach

Schließlich geht es noch auf’s Dach, das gehört zum Pflichtprogramm. Hier steht seit Ende 2018 fest verankert und von weitem gut sichtbar eine Transall, die sogenannte „Silberne Gams“, ein ehemaliges Transportflugzeug. Natürlich begehbar. Und natürlich auch mit einer ziemlich verrückten Transportgeschichte, die im Innern präsentiert wird: Wie kriegt man ein 22-Tonnen-Flugzeug sicher und orkanfest auf ein Hallendach?

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Runter geht es bei Bedarf auch mit einer Riesenrutsche. „Manche kommen allein deswegen ins Luftfahrtmuseum“, verrät Madeline Aulich. Für die kommende Saison erhofft sie weiter steigende Besucherzahlen: „Damit der laufende Betrieb gedeckt ist; wir sind kein öffentliches Museum und erhalten keine Zuschüsse.“ Sie will vor allem Gruppen ansprechen, „ihr“ Museum als Ausflugsziel zu entdecken. „Da ist noch Luft nach oben, ohne dass es ein Massenbetrieb wird.“

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Zum Schluss noch die Geschichte mit Hollywood und Steven Spielberg: Der drehte 2015 den Spionagethriller „Bridge of Spies“ mit Tom Hanks in der Hauptrolle. Zwei Jahre vorher kam die Anfrage an das Museum, die Pilotenkanzel einer U2 nachzubauen. Da es Aufträge gibt, die man nicht ablehnen kann, übernahm Clemens Aulich. Monatelang wurde in Wernigerode für Hollywood gearbeitet: Am Ende entstanden daraus ein paar Sekunden Film. Weitere Aufträge folgten, auch Hollywood meldete sich wieder. „Aber das“, so Clemens Aulich, „ist noch geheim, da darf ich noch nicht drüber sprechen.“

Giovanni Zarrella kommt! Open-Air!

Große Musik-Ereignisse werden ihre Schatten voraus: Am 17. August kommt Giovanni Zarrella nach Quedlinburg – zu einem Open-Air-Konzert auf dem Marktplatz. Und wer jetzt fragt Giovanni-Wer? ist ein Ignorant und hat Italo-Schnulzen-mäßig die letzten Jahre unter einem Stein verbracht. Der Vorverkauf läuft, die Damen der Stadt sind in kribbelnder Vorfreude, an Baugerüsten hängen Plakate und kündigen diesen Auftritt des Jahres an. Anmerkung: Wer es bis auf Baugerüste schafft, muss ein Großer sein. Angekündigt ist „Eine italienische Sommernacht“. Da wird sich Rockharz ganz warm anziehen müssen.

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Ich werde Giovanni im Auge behalten, und am 17. stehe ich selbstverständlich auf dem Marktplatz.
Bis dahin summe ich leise vor mich hin:

„E allora prendi e vai
Sei grande e puoi provare
Non fa paura il mare
E adesso sai volare“

(Die Übersetzung folgt nächste Woche – ist aber eigentlich auch egal, auf Italienisch klingt’s eh besser, und irgendwas mit Herz und Schmerz und großen Gefühlen wird es schon sein).

Das Faschings-Eisbaden in Hasselfelde gibt es hier zu besichtigen.

Davor besuchten wir das Gleimhaus in Halberstadt.

Hier waren wir in der Talsperre Wendefurth.

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Auf Instagram findet der Harzletter übrigens auch statt: www.instagram.com/harzletter.de/

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