Harzletter, der Fünfundneunzigste.
Auf dem Facebook-Account der Harzer Volksstimme gab es vor kurzem die Frage nach dem besten Eis in Wernigerode. Die Antworten warten eindeutig: Busche und Venezia – sonst wurde (fast) niemand genannt. Grund genug, dort mal vorbei zu fahren, schließlich bin ich bekennender Eis-Liebhaber. Ein Gelato geht immer (liebste Sorte, ganz old-school: Nocciola).
Los geht’s in der Breite Straße im Eiscafé Venezia. Gleich am Eingang sind auf der Eis-Vitrine drei üppige Siegerpokale ausgestellt – man merkt, hier herrscht Sportsgeist und Siegermentalität. Claudia Trotta-Santin, zusammen mit ihrem Mann Giovanni Santin Inhaber des Venezia und seit 1995 in Wernigerode im Eis-Geschäft, erklärt: „Das sind Sieger-Preise von Eis-Wettbewerben.“ Familie Santin nimmt daran regelmäßig und erfolgreich teil; seit 2019 darf Claudia Trotta sich Eis-Weltmeisterin nennen.
In diesem Jahr gewann sie mit einer Edelweiß-Ziegenjoghurt-Kreation den Wettbewerb des Gelato-Festival in Berlin. In der Karte des Venezia sind diese und weitere Spezialitäten stolz abgedruckt. „Wir mögen diese Wettbewerbe, das sind kreative Herausforderungen und wir haben dort viele interessante Menschen kennengelernt.“
Claudia Trotta ist Süditalienerin mit entsprechendem Temperament – wenn sie über das Eismachen erzählt, spürt man ihre Leidenschaft. „Wir stellen natürlich alle Sorten selbst her und verwenden nur Naturprodukte – und wir probieren gern Neues aus.“ Aktuell sind das Kombinationen aus Ricotta, Orangen und Pistazien oder aus Rhabarber, Erdbeer und Mandel. Dann erzählt sie noch von Versuchen mit Rosenblüten: „Wir haben so viele Rosen in unserem Garten, da dachte ich, damit könnte man etwas machen.“
Aber neben diesen exotischen Experimenten gibt es natürlich weiter das Bewährte: „Vanille und Erdbeer gehen immer,“ so Claudia Trotta, „außerdem in diesem Jahr Joghurt und salziges Karamel.“ Zwei Euro kostet die Kugel, die Weltmeister-Kreationen werden für elf Euro angeboten.
Ich probiere drei üppige Kugeln in der Waffel: Wow, das ist wirklich der Geschmack von Urlaub und Italien. Der Caffè ist übrigens auch richtig gut.
Rund 160 Plätze hat das Venezia im Sommer, allein 100 Außenplätze. An sonnigen Tagen herrscht richtig Betrieb, in der Breite Straße kommt schließlich jede/r durch.
Eis-Tradition bei Busche
Da geht es bei Busche’s in der Pfarrstraße entspannter zu. Man sitzt beschaulich unter Linden oder unterm Sonnenschirm, ab und zu dampft die Harzer Schmalspurbahn vorbei, und der Chef hat fast immer Zeit für ein kurzes Gespräch oder einen schnellen Spruch.
Seit 1988 ist Lutz Busche Inhaber von „Busche’s Eis“ – „in dritter Generation“, wie er stolz betont. 1925 gründete sein Großvater den Familienbetrieb, seit 1974 gibt es das jetzige Café. Davor wurde Busche’s Eis aus Handkarren verkauft.
Lutz Busche ist Eisverkäufer mit Leib und Seele: „Unser Produkt ist ja ein Lebensgefühl, ein kleiner Urlaub, ein wenig Unbeschwertheit. Da kann man nicht schlecht gelaunt hinterm Tresen stehen.“ Viele seiner Gäste sind Stammkunden, er kennt sie alle beim Namen, hat viele als Kinder aufwachsen gesehen und verkauft jetzt Eis an deren Kinder. Das verbindet.
Er steht jeden Tag in seinem Geschäft; abends wird in einem Nebenraum das Eis für den nächsten Tag produziert. 20 verschieden Sorten bietet er täglich an, und natürlich sind auch exotische Kreationen dabei.
„Jedes Jahr kommen zwei bis drei neue Sorten, zur Zeit sind das Birne-Ingwer, Basilikum-Orange und Haselnuss-Nougat“, erzählt Lutz Busche. Die heißen dann „Sommerlaune“ oder „Kuss auf die Nuss“ – so geht die Sache mit dem Lebensgefühl und der Unbeschwertheit. Natürlich sind auch bei Busche’s weiter die Klassiker gefragt: Vanille, Schokolade, Erdbeer bleiben Dauerbrenner für 1,80 Euro pro Kugel.
Für Eis-Nostalgiker hat Lutz Busche zwei Extras im Repertoire. Zum einen eine Original-DDR-Softeismaschine – „nur Schoko-Vanille, die kleine Portion für 1,50 Euro“ – zum anderen auf Wunsch die „Wiener Schale“. Das ist eine flache Eiswaffel, die vor den heutigen Tüten Standard war und für Ungeübte mit reichlich Kleckerei verbunden ist. Aber für viele eben auch mit Kindheitserinnerungen.
Der Eis-Test überzeugt auch hier – ganz unter uns: Birne-Ingwer ist ein Knaller, dafür könnte ich sogar mal eine Kugel Nuss weniger nehmen. Das DDR-Softeis muss ich natürlich auch versuchen. Gar nicht schlecht – Eis machen konnten sie auch schon im Sozialismus.
Außerdem hat Busche’s Kaffee im Angebot und sonst nichts. Kein Kuchen, keine Speisen. Das gehört zum Geschäftsmodell – Konzentration auf das Wesentliche. Bravo!
Draußen dampft gerade die Schmalspurbahn vorbei. Die Menschen stehen auf den Waggon-Plattformen, ein paar winken. „Alles meine Kunden“, sagt Lutz Busche. Im kommenden Jahr wird Busche’s Eis 100 Jahre alt. Ist da schon etwas Besonderes geplant? Lutz Busche: „Ich habe mir noch keine Gedanken gemacht, aber da fällt uns bestimmt noch was ein.“
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Vergangene Woche gab es hier alles über die Klopstock-Geburtstags-Feierlichkeiten zu lesen.
Davor war ich auf einer Motorradrunde von Thale nach Pullman-City.
Hier ging es an der Teufelsmauer entlang.
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Auf Instagram findet der Harzletter auch statt: www.instagram.com/harzletter.de/