Ein 2:2 bei Germania Halberstadt – Derby, Emotionen, Ost-Fußball pur

Harzletter, der Einhundertsechzigste.

Amateur-Fußball im Harz, mein nächster Anlauf. Diesmal ging es nach Halberstadt, zur ruhmreichen Germania. Nach zwei A-Jugend-Spielen wollte ich jetzt einen „richtigen“ Kick sehen, und da kam mir ein Lokalderby in der Oberliga passend entgegen. VfB Germania Halberstadt – FC Einheit Wernigerode; das klingt doch schon aufgrund der kernigen Vereinsnamen nach einem ebensolchen Spiel. Halberstadt war vor dem Anpfiff auf Platz 2 der Tabelle, Wernigerode auf 8 – also theoretisch ein klare Angelegenheit.

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Mit den Germanias habe ich es offensichtlich: Erst Gernrode, jetzt Halberstadt. Ist aber Zufall, da steckt kein Plan dahinter.

Es ist jetzt schon eine Woche nach dem Match – es fand am 5. Oktober statt – deswegen ist das Ergebnis längst bekannt: Am Ende hieß es 2:2, wobei Halberstadt spät in der Nachspielzeit zum lautstark bejubelten Ausgleich kam.

Das Drumherum beim Harz-Derby

Viel interessanter für mich (und für den harzletter) war das ganze Drumherum. Bisher kenne ich den Harzer Amateurfußball kaum, und schon gar nicht den in den höheren Ligen. Besagtes Spiel fand im Friedensstadion statt, einer klassischen, gut gepflegten Kampfbahn, die 1937 eröffnet wurde. Mit 400-Meter-Laufbahn und Zuschauerplätzen weit weg vom Geschehen. 

Zur Erinnerung: In Gernrode steht man direkt am Spielfeldrand und hört die Jungs keuchen und ackern. Es gibt in Halberstadt eine elektronische Anzeigentafel, einen Stadionsprecher, eine Tribüne, die diesen Namen auch verdient sowie große und lautstarke Fangruppen, die ähnlich wie in den Bundesligen ihre Mannschaften mit Trommeln und nervenden Dauergesängen unterstützen.

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Über 700 Zuschauer waren im Stadion. Ok, es war herbstlich warm, und Derby bringt immer ein paar Leute mehr, aber ich war trotzdem positiv überrascht. Das sind nicht nur die üblichen Verdächtigen, die immer da sind, da gibt es eine richtige Anhängerschaft. Und die ging mit. Es war lautstark, teilweise aggressiv, manchmal auch ein bisschen drüber. Da war einiges mehr an Emotion und auch bösen Sprüchen, als ich das sonst vom hochklassigen Fußball kenne; keine Ahnung, ob das an speziell dieser Begegnung lag, oder ob der Grundton in der Oberliga beziehungsweise in Halberstadt so ist.

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Vielleicht lag’s auch am Spiel. Halberstadt führte zur Halbzeit 1:0, ganz nach den Erwartungen. Doch Wernigerode machte nach dem Wechsel daraus innerhalb weniger Minuten ein 1:2 und das war natürlich ein ziemlicher Stimmungstöter. Vor allem, weil Halberstadt zwar unentwegt anrannte, aber keine wirklich guten Chancen zustande brachte. Es fehlte im entscheidenden Moment die Technik und die Übersicht, um wirklich gefährlich zu werden. Da wurde eine Menge verstolpert und verdaddelt, es gab von beiden Mannschaften viele unnötige Fouls, und zum Ende hin reichlich planlose Bälle vorne rein. 

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Dabei können die Jungs aufm Platz alle Fußball spielen, sind technisch ordentlich, haben die Power und den Willen. Am Ende brauchte es einen weiteren hohen Ball in den Sechzehner, den Vereins-Ikone Paul Grzega perfekt mit dem Kopf erwischte und der zumindest einen Derby-Punkt brachte. 

Ein entscheidendes Derby-Ding zum Schluss

Großer Jubel, direkt danach war Schluss, und so gingen die Leute einigermaßen zufrieden nach Hause. So ein entscheidendes Ding ganz am Ende ist halt immer ein Rausreißer – da kann das Spiel vorher noch so grottig gewesen sein, in dem Moment ist alles vergessen.

Noch was zu den Gesängen und den Sprüchen: Ich bin ja aus vielen Stadion-Jahren auf den billigen Stehplätzen einiges gewohnt. Und ein Fußballstadion ist keine katholische Mädchenschule. Da wird dann nicht nur der Frust der vergangenen Woche laut und derb abreagiert. Ist so, gehört dazu. Aber das in Halberstadt hatte fühlbar eine andere Qualität. Wobei ich den Verdacht habe, dass es gegen Einheit traditionell ein bisschen deftiger zugeht – siehe die Aufkleber. Derby, und die damit verbundene gegenseitige Abneigung möglicherweise.

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Kann ein einmaliger Eindruck sein, muss nichts bedeuten. Ich finde das trotzdem bemerkenswert, werde in den kommenden Wochen ein bisschen drauf achten (nicht nur in Halberstadt). Vielleicht ist Ost-Fußball doch eine andere Nummer verglichen mit dem, was in Wessi-Stadien so abgeht.

Es war auf jeden Fall eine lohnende Erfahrung, der Bier-Nachschub klappte erfreulich zügig, Bratwurst habe ich ausgelassen. 
Mal abwarten, wohin es mich das nächste Mal zieht. So ein schöner Kreisklassen-Kick mit ein paar Slapstick-Einlagen, kuriosen Toren und wüsten Beschimpfungen wäre eine willkommene Fortsetzung. Wird sich schon finden lassen. 

Vergangene Woche habe ich mich auf eine Stempel-Wanderung von Ilsenburg nach Schierke gemacht.

Davor war ich beim Amateurfußball, genauer: bei der A-Jugend der Spielgemeinschaft Gernrode/Quedlinburg/Bad Suderode

Hier ging es um Denkmale in Quedlinburg und Ballenstedt.

Und hier geht es um eine Übung der Bergwacht Harz in Schierke.


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