Harzletter, der Einhundertdreiundfünfzigste.
Tollkühne Männer (Frauen, Jungs und Mädchen) in ihren fliegenden Kisten! Genauer: in ihren Seifenkisten. Am Schiebberg in Meisdorf. Das ganze Dorf war da. Außerdem der MDR und reichlich Zuschauer von außerhalb. Was für eine gelungene Veranstaltung!

Ich hatte ein paar Tage vorher eine kurze Zeitungsnotiz gelesen: Seifenkistenrennen in Meisdorf. Das ist ein 1100-Seelen-Ort, gehört zur Stadt Falkenstein und war bisher nicht mit Rennveranstaltungen aufgefallen. Aber warum nicht? Kann man sich ja mal anschauen.
Das Programm sah am Samstag-Vormittag Trainingsläufe vor, zwei Renndurchgänge sollten um 13 Uhr beginnen. Als ich in Meisdorf ankomme, merke ich: Alles bestens durchorganisiert. Allein zur Einweisung auf den Wiesen-Parkplatz standen sechs Helfer – alle im gelben „CREW“-T-Shirt – bereit. Die sonstigen Aufbauten sahen ebenfalls nicht nach schlichtem Dorffest aus.
Schuld daran waren Philipp Scheller und der MDR. Scheller, Ideengeber und Hauptorganisator der Seifenkisten-Veranstaltung, hatte bei der MDR-Jump-Aktion „Fans im Osten“ angefragt. Ob man das Meisdorfer Seifenkisten-Event nicht als Livestream übertragen könne?














Die Abstimmung war eindeutig, der MDR sagte zu, und ab da nahm, so Scheller, das Ganze Fahrt auf. „Wir hatten zuerst mit fünf, sechs Seifenkisten und einer netten, kleinen Veranstaltung geplant.“ Am Samstag standen schließlich über 40 Starter oben am Schiebberg, um sich in die rund 250 Meter lange Abfahrt zu stürzen.
Dazu ein Übertragungsturm, reichlich Kameras an der Strecke, eine professionelle Musik-Beschallung – und am Ende eine über dreistündige Live-Übertragung. Ganz großes Kino in Meisdorf.
Seifenkisten und glänzende Kinderaugen
Die Hauptsache waren natürlich die Fahrerinnen und Fahrer und die Seifenkisten. Es war wirklich alles am Start: Sechsjährige und Rentner, Einzelfahrer und Duos, Väter und Söhne, Mutter mit Tochter. Die Fahrzeuge waren zum Teil rasante Rennwagen-Miniaturen, zum Teil wilde Konstruktionen. Vom rollenden Schlauchboot bis zum Einhorn-Mobil wurde alles über die Piste gescheucht. Hauptsache Spaß, Hauptsache irgendwie unten ankommen.
Ehrgeiz war natürlich auch dabei. Vor allem die Kinder und Jugendlichen saßen mit hochkonzentrierten Gesichtern am Start in ihren Seifenkisten. Die Zuschauer entlang der Strecke und am Zieleinlauf konnten das auf der Videowand genau verfolgen. Wie gesagt: Großes Kino.

Zu Beginn des Rennens hatte der örtliche Spielmannszug seinen Auftritt, dann gab die Organisations-Crew auf einem Bierbike den Testfahrer – natürlich außer Konkurrenz. Schon hier wurde klar: Das würde ein lustiger Nachmittag werden.

Entlang der Strecke: Nur breit grinsende Gesichter. Seifenkisten machen einfach Spaß. Die Konstruktionen, das Improvisierte, das Hauptsache-Dabeisein, die Lust am Fahren – da war nur Begeisterung, Jubel und allerbeste Stimmung.
Ob „Glitzer-Flitzer“, „Pinkbull“, „Blue Flame“ oder „Tim und Struppi“; alle, die sich mit ihren Eigenbauten auf der Strecke zeigten, wurden stürmisch angefeuert und gefeiert. Und wenn das mit dem Tempo mal nicht ganz reichte, gab es unterwegs auch schon mal Anschubhilfe.

Eine Zeitmessung fand natürlich auch statt; dabei erwies sich die 30-Sekunden-Grenze als echte Schallmauer. Nur zwei Fahrzeuge schafften es, schneller unterwegs zu sein. Sie kamen entsprechend halsbrecherisch den Schiebberg hinunter.
Veranstalter des ersten Meisdorfer Seifenkistenrennens war der SV Germania Meisdorf 1928. Die anderen Meisdorfer Vereine und der Ortschaftsrat unterstützten das Projekt – und nur so konnte die Organisation gewuppt werden. Am Ende spielte auch das Wetter mit: Pünktlich zum Start verzogen sich die Regenwolken.

Unbedingt wiederholen, bitte. Wir brauchen dringend mehr Seifenkisten-Rennen. An der Strecke konnte man öfter hören: „Nächstes Jahr fahre ich auch mit.“ Da wurde viel Lust am Basteln, am Blödsinn und am Bergrennen geweckt.
Wer am Ende gewonnen hat? Keine Ahnung, ist auch völlig unwichtig.
Hauptsache Spaß und Freude, bei den Erwachsenen genau wie bei den ganz Kleinen.
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