Harzletter, der Einhundertzweiundfünfzigste.
Es dauert zwischen 12 und 15 Sekunden und es tut wirklich gar nicht weh. Auch wenn es am Start etwas unheimlich aussieht: Die silberne Röhre „Rasantia“, in die ich mich legen soll, ist etwa so dick wie ein Abwasserrohr und führt bedrohlich steil nach unten.

„Einfach entspannen und ruhig liegen bleiben“, meint der freundliche Rasantia-Helfer beim Einstieg. „Geht alles von selbst.“ Der hat gut reden. Der ist nicht mit Höhenangst sieben Stockwerke den Harzturm hochgestiegen. Wobei das überraschenderweise kein Problem war. Denn durch die Holzverkleidung hat man nicht das Gefühl, sich völlig im Freien zu bewegen.

Noch ein kurzes Zögern, ein sanfter Schubs von hinten, und ab geht die wilde Fahrt. Immer im Kreis, mit grellen Lichtreflexen, und ganz am Schluss noch mit buntem Flackerlicht. Feine Sache, und viel zu schnell vorbei. Ich will am liebsten gleich nochmal, aber die kassierten 3,50 Euro gelten nur für die eine schnelle Rasantia-Abfahrt.
„Rasantia“ ist sein Juli 2024 in Betrieb
Harzturm in Torfhaus. Temperaturen um die 30 Grad und Windstille. Genau das richtige Wetter, um dort endlich einmal die Gegend von oben zu betrachten. Bisher haben mich Regen, Wind und die sportlichen Preise von einer Besteigung abgehalten. Am 1. November 2023 wurde der Harzturm offiziell eröffnet. Aber bis er wirklich fertig war, verging noch einige Zeit. Seit Juli 2024 ist er komplett mit Aufzug und Rutsche „Rasantia“ in Betrieb.

Ich bin mitten in der Woche dort, es ist Ferienzeit, aber der Andrang hält sich in Grenzen. Zwei Familien vor mir an der Kasse, dann erscheint noch eine Wandergruppe, aber die biegt lediglich zu den Toiletten ab. Zwölf Euro kostet die Turmbesteigung für Erwachsene, Kinder zwischen 6 und 15 Jahren zahlen sieben Euro, Familien (zwei Erwachsene, ein Kind) sind mit 29 Euro dabei. Die Rutsche kostet extra. Als kleine finanzielle Erleichterung ist seit Juli das Parken für Harzturm-Besucher kostenfrei.
Das muss man wollen, vor allem, wenn man weiß, dass die Besteigung anderer Aussichtstürme im Harz in der Regel umsonst ist. Der Unterschied: Zu denen – etwa dem Aussichtsturm auf dem Poppenberg – muss man hinwandern, in Torfhaus kann ich bequem mit dem Auto vorfahren.
Silke Landmann, stellvertretende Betriebsleiterin des Harzturms, ist mit dem Besucheraufkommen und der Akzeptanz der neuen Harz-Attraktion zufrieden: „Wir haben unter anderem viele ausländische Gäste, vor allem aus Holland und Dänemark“, erzählt sie. Dass der Turm an manchen Tagen kurzfristig geschlossen werden muss, gehört für sie dazu. „Wir befinden uns in einer windigen Gegend, Sicherheit geht immer vor.“
Auf der Webseite werden die täglichen Öffnungszeiten prominent gepostet – wer einen Besuch plant, sollte sich dort vorher informieren, damit er nicht unverhofft vor verschlossenen Türen steht.
Jetzt aber nach oben.

Auf der sechsten Etage geht es am Skywalk vorbei – bloß nicht Hinschauen; schon die Vorstellung, dort auf gläsernem Boden ins Freie zu gehen, erzeugt Schwindelgefühle. Etage sieben führt an Rasantia vorbei, die Stockwerke acht und neun sind die Aussichtsplattformen.

Und wenn man dort ins Freie tritt und sich umschaut: WOW! Das ist wirklich ein Erlebnis-Moment. Der Harz aus 65 Meter Höhe. Freie Aussicht bist sonst wo hin. Natürlich geht der erste Blick Richtung Brocken – an dem orientiert sich im Harz schließlich alles. Majestätisch liegt er da, mit Kuppel und Sendemast, wie man sie von unzähligen Fotos kennt.
Dann die B 4 in ausgiebiger Länge, fast unter mir die Torfhaus-Ferienhäuser, der Torfhaus-Sendemast und rundherum große Flächen abgestorbener Nadelbäume. Alles sehr schön, aber irgendwie auch nicht besonders spektakulär. Der Harz ist schließlich kein Hochgebirge, hier ragt nichts dramatisch in die Höhe.





Ein paar Erinnerungsfotos und dann ab zur Rutsche. Rasantia ist schließlich die Extra-Attraktion des Turms. Eine „magische & rasante Abfahrt“ wird versprochen, 25 Stundenkilometer schnell und 110 Meter lang. Es geht wirklich sehr schnell, und es ist wirklich ein Erlebnis, das den Adrenalinspiegel nach oben treibt. Und weil fast jedes Kind – und mancher Erwachsene – dieses Rasantia-Erlebnis sofort wiederholen möchte, gibt es das All-you-can-Rutsch-Ticket: Für 17,50 Euro darf man so oft man will und kann.
Als allerletzte Zugabe ist da noch das Rutschenfoto: Für vier Euro erhält man ein Bild von sich selbst in vollem Rutschfieber. Natürlich sieht man auf so einem Foto immer ein bisschen peinlich aus – aber egal, das muss jetzt auch noch sein.

Schließlich rutscht man nur einmal.
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Vergangenen Woche habe ich die kleinste Holzkirche Deutschlands in Elend besucht.
Hier geht es um Rocken am Brocken.
Davor besuchten wir das Sonnenblumen-Labyrinth in Quedlinburg.
Hier wanderten wir in einer Gruppe entlang der Klippen im Okertal.
Und hier ging’s auf Motorrad-Tour über den Kyffhäuser nach Bad Frankenhausen.
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