Harzletter, der Einhundertvierzehnte.
Vergangene Woche war es soweit: Der erste Schnee war im Harz gefallen, natürlich auf dem Brocken, und wie jedes Jahr war das eine sichere Nachricht in den regionalen Medien.
Das ist natürlich noch nicht der große Wintereinbruch; zum Wochenende steigen die Temperaturen leicht an, der Schnee soll allerdings – zumindest in höheren Regionen – liegen bleiben, das nächste Tief mit neuem Schnee wird bereits gemeldet.
Leicht aufgeregten Anfragen, ob und wann die Skilifte und Rodelbahnen in Betrieb gehen, erteilten die Betreiber eindeutige Absagen. Wintersport wird es erst bei richtigem Winter geben, nicht bei ein bisschen Schneegestöber auf dem Brocken.
Aber das ist doch mal ein schöner Anlass, sich die Wetterverhältnisse auf dem Brocken etwas genauer anzuschauen. Ein paar Statistik-Daten dazu (geklaut von der sehr informativen Seite harzinfo.de):
Der Brocken ist mit 307 Nebeltagen Spitzenreiter in Europa. An 178 Tagen liegt eine Schneedecke auf dem Gipfel. Auf dem Brocken liegt die Jahresdurchschnittstemperatur im Juli bei 10,3 ° C und im Januar bei -4,2 ° C. Im gesamten Jahr fällt durchschnittlich 1814 mm Niederschlag.
Das Klima auf dem Brocken kann mit dem von Island oder dem Klima in den Alpen auf einer Höhe von 2.000 bis 2.200 Meter Höhe verglichen werden. Die Brockenkuppe ist der windigste Ort in Deutschland und Mitteleuropa. Im Jahresdurchschnitt weht der Wind mit sechs Windstärken oder 42 km/h. Orkanböen werden an über 100 Tagen im Jahr registriert und die höchste Windgeschwindigkeit wurde am 24. November 1984 mit 263 km/h gemessen.
Das klingt schon ziemlich imposant. Ich frage mich, ob sich der Klimawandel mit steigenden Temperaturen auch dort oben – und damit im gesamten Harz – messbar feststellen lässt.
Offensichtlich ist, dass der Harz längst nicht mehr so schneesicher ist, wie er es wohl in früheren Jahren war. Dort eine Skischule zu betreiben, klingt nicht nach einem zukunftsträchtigem Business, der Verkauf oder Verleih von Wintersport-Ausrüstungen ebenfalls nicht.
Tendenz: Wärmer und weniger Schnee
Auf Wetterkontor.de habe ich ein paar Daten ab 1990 gefunden – ich gehe davon aus, dass die stimmen. Danach lag die durchschnittliche Jahrestemperatur 1990 bei 3,9 Grad. In den Folgejahren bis 2005 schwankte sie in einem Bereich zwischen 2,2 Grad (1996) und 4,4 Grad (2003). 2006 ging es hoch auf 4,5 Grad, 2011 wurden 4,8 Grad erreicht, und 2014 wurde die Fünf-Grad-Schwelle überschritten. 2018, 2019 und 2020 waren es ebenfalls 5,0 Grad, 2022 waren es 5,1 Grad, der Wert für dieses Jahr liegt begreiflicherweise noch nicht vor.
Viele Zahlen und eine eindeutige Tendenz: Auch auf dem Brocken wird es wärmer. Ein oder 1,5 Grad klingt wenig, hat aber wohl massive Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenwelt. Und sorgt unter anderem für eher schneefreie Winter. Ich bin kein Klima- oder Wetterexperte, aber das muss man für so einen Befund wohl auch nicht sein.
Interessant sind auch die Regen- und Sonnendaten. Die gemessene Niederschlagsmenge pro Jahr schwankt auf dem Brocken zwischen 1301,3 Litern pro Quadratmeter (2018) und 2725,0 Liter (2007). Einen Trend in eine bestimmte Richtung sehe ich nicht, es gibt halt regenreiche und trockene Jahre. Bei der Zahl der Sonnenstunden ist es etwas anders – irgendwo muss der Temperaturanstieg ja herkommen. 1990 gab es 1428,1 Sonnenstunden auf dem Brocken, bis 2017 schwankt dieser Wert zwischen 1166,9 Sonnenstunden (2001) und 1720,2 Stunden (2011). Einen Ausreißer gab es 2003, als die Sonne 1834,3 Stunden schien. 2018 stieg der Wert auf 1857,8 Stunden, 2022 wurden 1832,0 Stunden gemessen. Also auch hier in den vergangenen fünf Jahren eine Tendenz nach oben.
Noch mehr Brocken-Daten
Und um die geneigten Leser-innen endgültig mit Zahlen zu erschlagen, hier noch ein paar Rekorde, abgeschrieben aus Wikipedia:
- Höchste Temperatur: 29,7 °C am 25. Juli 2019
- Tiefste Temperatur: −28,4 °C am 1. Februar 1956
- Höchste Niederschlagsmenge in 24 Stunden: 154,5 mm am 17. Juli 2002
- Höchste monatliche Summe an Niederschlag: 515,2 mm im Dezember 1974
- Höchste jährliche Summe an Niederschlag: 2725 mm im Jahr 2007
- Niedrigste jährliche Summe an Niederschlag: 950 mm im Jahr 1953
- Maximum der Sonnenscheindauer: 2004,5 Stunden im Jahr 1921
- Kürzeste Sonnenscheindauer: 972,2 Stunden im Jahr 1912
- Maximum der Tage mit starkem Wind: 341 Tage im Jahr 1951
- Maximum der Tage mit stürmischem Wind: 221 Tage im Jahr 1952
- Maximum der Tage mit Orkan: 26 Tage im Jahr 1990
- Maximale Windgeschwindigkeit: 263 km/h am 24. November 1984
- Maximum der gemittelten Schneehöhe: 380 cm am 14./15. April 1970
- Maximum an Tagen mit Schneedecke: 205 Tage im Jahr 1973
- Durchschnitt an Schneetagen (ab 1 cm Höhe): 178
- Durchschnitt an Gewittertagen (hörbare Nah- und Ferngewitter): 38
- Durchschnitt an Nebeltagen: 306,6
- Maximum der Tage mit Nebel: 330 Tage im Jahr 1958
- Maximum der horizontalen Sichtweite: ca. 230 km u.a. 11. Januar 1998
Es gibt Hinweise, dass im Januar 1938 ein noch weitaus stärkerer Orkan als der mit 263 km/h ≈ 73 m/s offiziell als stärkster geltende über den Gipfel raste. Bei 81 m/s (= 291,6 km/h) trat allerdings bei dem über den Anschlag hinaus ausgelasteten Aufzeichnungsgerät ein Defekt auf.
Das war eine kleine Unterrichtseinheit zum Thema Brockenwetter – die Fotos stammen sind alles aktuelle Standbilder der diversen Webcams, das Startfoto mit richtig viel Schnee ist nicht aktuell, sondern aus Wikipedia und wurde von Andreas Tille gemacht.
Und jetzt freuen wir uns auf den richtigen Winter und ich stelle schon mal die Langlauf-Ski bereit.
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Vergangene Woche gab es eine Auflistung der außergewöhnlichen Weihnachtsmärkte im Harz.
Vorher standen Schauspielerin und Theater-Reformatorin Friederike Caroline Neuber und Schloss Blankenburg im Blickpunkt.
Dann wanderten wir mit dem Nationalpark-Ranger von Drei Annen Hohne zur Leistenklippe.
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Auf Instagram findet der Harzletter auch statt: www.instagram.com/harzletter.de/