Harzletter, der Siebenundsechzigste.
„Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald.“ Jeder Ältere kennt diesen Weltklasse-Slogan aus den 60er Jahren. Bis in die 80er Jahre war die Hendl-Kette eine saubere Erfolgsgeschichte; dann folgten diverse Pleiten, Übernahmen, Rettungsversuche. Jetzt – genau ab November 2023 – geht es wieder von vorn los. Alter Name, neues Konzept, natürlich soll alles schöner und besser werden. Und das Tollste: Der erste neue Wienerwald steht im Harz, in Torfhaus – und er entstand im Gleichschritt mit und neben dem Harzturm.
Das muss ich mir, als alter, ehemals Münchner Wienerwald-Kunde, natürlich genauer ansehen. Sind das legendäre halbe Hendl und das Backhendl weiter im Angebot? Wie steht’s um die Qualität der Pommes? Und ist der Kaiserschmarrn so, wie wir ihn kennen und lieben?
Fragen über Fragen; bei einem abendlichen Besuch kurz vor Jahresende werden sie alle beantwortet.
Wienerwald bleibt Wienerwald
Nein, das hier ist kein von den Wienerwald-Betreibern bezahlter Werbetext. Man wird ja wohl noch einfach so loben dürfen. Denn: Als wir uns bei üblem Regenwetter vom Parkplatz zum Eingang durchgekämpft haben, war mir schon beim Betreten klar: Alles anders, aber trotzdem alles irgendwie bekannt. Die Farben (grün und gelb), das Huhn-Logo (dezent verändert), der gelbe Schriftzug. Dazu die sehr österreichische Ski-Hütten-Atmosphäre: Viel Holz, eine sehr hohe Decke, in der Mitte brennt ein Feuer, viele, nicht zu eng gedrängte Sitzgruppen.
Insgesamt eine kuschlige Atmosphäre. Es ist voll, wir hatten zum Glück reserviert und werden in zwei loungige, Sitzmöbel mit sehr hoher Lehne verfrachtet, die erst etwas seltsam anmuten, dann aber eine gemütliche, private Stimmung erzeugen.
Das Wichtigste ist natürlich das Essen. Und da bin ich schnell beruhigt: Alles noch da. Das Hendl, die Pommes, der Schmarren. Überraschenderweise zu sehr familienfreundlichen Preisen. Eigenes Bier und österreichische Weine gibt es auch; da kann man sich doch erst einmal bei einem sehr annehmbaren Grünen Veltliner entspannen.
Die Wienerwald-Klassiker: Halbes Hendl und Backhendl
Die Essens-Auswahl fällt leicht. Natürlich ein halbes Hendl (ich bestelle neugierig die verschärfte Version „das scharfe Halbe“ für 15,90 Euro) sowie das Backhendl für 14,90. Beilagen sind inklusive, da kann man preislich schon mal nicht meckern.
Was dann nach überschaubarer Wartezeit auf den Tisch kommt, ist einfach nur gut. Das scharfe Halbe hat genau die richtige Konsistenz – saftig und gleichzeitig gut durch – und ist erfreulicherweise wirklich scharf. Da wurde mit Chili nicht gespart, zwischendurch muss ich schon mal nach Luft schnappen. Die Pommes haben Mac-Donald’s-Qualität, ein weiterer Pluspunkt. Das Backhendl hat eine schöne Panade (auch das ist eine hohe Kunst), der Kartoffelsalat dazu war okay. Die jeweiligen Salate sahen nett aus, aber waren halt langweilige Salate. Überflüssig.
Als Zugabe noch was Süßes
Weil der Wienerwald in seinem Selbstverständnis eine österreichische Seele hat, geht es natürlich nicht ohne Süßspeisen ab. Auch hier bleiben wir bei den Klassikern: Kaiserschmarrn (6,90 Euro) und Eis mit Heiß (6,60 Euro). Beides kam ebenfalls schnell – fast zu schnell, ein Kaiserschmarrn muss, wenn er richtig fluffig sein soll, frisch in der Pfanne zubereitet werden, und das dauert eine Weile. Aber das Ergebnis war wieder überzeugend: Cremiges Vanille-Eis, nicht zu heiße Kirschen und leicht verlaufener Schlagobers (Sahne). Der Schmarren – ja, okay soweit, der dazugehörende Zwetschgenröster ebenfalls. Kein Grund zur Klage.
Insgesamt: Eine sehr positive Überraschung. Kulinarisch genau das Gewohnte und Erwartete (niemand will im Wienerwald Küchen-Experimente erleben), sehr ansprechende Qualität, erstaunlich moderate Preise und ein wirklich angenehmes Ambiente.
Sehr kleine Kritik am Rande: Es gibt keine Garderobe (oder ich war zu blind, sie zu entdecken), und das ist im Winter ein bisschen lästig – und bei dem halben Hendl wäre ein feuchtes Tuch, um sich am Ende die Finger abwischen zu können, kein Luxus.
Wenn ich in Zukunft in Torfhaus vorbeikomme und ein kleines Hungergefühl spüre, werde ich dort gern anhalten. Vor allem auch Vormittags und zur Kaffeezeit. Denn es gibt dort auch Frühstück und Kaffee und Kuchen. Da wäre ich dann wieder neugierig, wie das jeweils ausfällt.
Der Wienerwald in München
Jetzt aber noch kurz zu meinen persönlichen zurückliegenden Wienerwald-Erlebnissen. Anfang der 2000er Jahre habe ich längere Zeit in München gelebt. Einer der kulinarischen Fixpunkte dort war der Wienerwald in Giesing, direkt neben dem „Stadion an der Grünwalder Straße“ gelegen. Äußerst beliebter Treffpunkt für alle, die dorthin zum Fußball gingen. Damals spielten dort sowohl die Münchner Löwen (Giesing ist fest in 60er Hand – Bayern-Anhänger sind eine kleine geduldete Minderheit) als auch die Bayern-Amateure. Und wenn das „kleine Derby“ anstand, war rund um den Wienerwald regelmäßig das volle Polizei-Programm angesagt. Da flogen dann nicht nur die Hähnchenschenkel durch die Luft. Aber am Ende kehrte natürlich wieder Friede ein und wurde mit einigen Halben besiegelt.
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Heiligabend mit den Eisperlen
Ich hatte mein Weihnachtsprogramm ja angekündigt: Heiligabend, acht Uhr morgens gemeinsames Eintauchen mit den Eisperlen in Hasselfelde im Waldseebad. Genauso kam es, und es war fast ein bisschen zu warm. Kein Eis, kein Schnee, dafür das Schwimmbad-Becken gut aufgefüllt. Neun Eisperlen und vier Eismänner waren vor Ort – natürlich alle mit roter Mütze und der ein oder anderen Kerze.
Anschließend gab es Geschenke und (in sozialverträglichen Maßen) Alkohol.
Ist ja Weihnachten.
Der Rest des Tages – und die Tage danach – verliefen in sehr ruhiger und beseelter Stimmung. So soll es sein, und das Eintauchen verhilft dabei zur nötigen Gelassenheit.
Guten Rutsch!
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Das Sturmtief Zoltan und der Ärger mit der Bahn waren vergangene Woche hier das Thema.
Wir besuchten hier den Sendeturm auf dem Brocken.
Die Ausstellung des Harz-Malers Pascha Weitsch in Braunschweig war hier das Thema.