Die beste Karte zu Weihnachten, Elend im Oberharz und der Sendemast auf dem Brocken

Harzletter, der Fünfundsechzigste.

In ein paar Tagen ist Weihnachten, noch sechsmal schlafen – und deswegen hier die beste Weihnachtskarte, die ich je erhalten habe. „Challenge accepted“, genauso ist es und dieses Durcheinander wird sich bis zum Fest hoffentlich noch entwirren. Ausgedacht und umgesetzt haben das die Menschen von „typealive“, einem ziemlich kreativen Online-Shop.

65 Weihnachten Karte

Und wo könnte Weihnachten schöner sein als im Harz – auch wenn der Schnee mittlerweile fast überall wieder weggetaut ist. Wie ich so durch die Gegend fahre, kommt mir ein Ortsschild entgegen, das leider ein echter Stimmungskiller ist: Elend steht da Schwarz auf Gelb (ein paar Kilometer weiter liegt übrigens Sorge). Kenne ich natürlich, zumindest dem Namen nach; vor ein paar Jahren im Sommer war ich auch schon einmal in dem ausgesprochen idyllischen Freibad im Ort, aber jetzt im Winter …

65 weihnachten elend schild

So ein Name passt zu einem sowieso trüben Tag, und in Elend ist kurz vor Weihnachten nicht gerade Hochsaison. Wieso werden Orte so benannt? Das Internet gibt Auskunft: „Darin steckt das althochdeutsche Wort ‚alia landa‘; das heißt ‚außer Landes‘. Das sind also einsam gelegene Orte, die in der Einöde liegen und die man deshalb Elend genannt hat.“

Aha. Dazu passt die Info, dass es in Elend mehr Niederschlag gibt als in 90 Prozent aller Messstellen des Deutschen Wetterdienstes. Abgelegen und verregnet – aber trotzdem sehenswert und bekannt, denn:

65 Holzkirche Elend

Hier steht zum einen die kleinste Holzkirche Deutschlands (Foto: wikipedia), weiß lackiert und schnucklig, mit Platz für maximal 80 Personen. Weihnachten – genauer: am Heiligabend – wird es hier um 13:30 Uhr eine Christvesper gefeiert, die mit Sicherheit sehr stimmungsvoll wird.

Und dann kommt wieder einmal unser Freund Johann Wolfgang Goethe um die Ecke. Klar war er auch in Elend (wie fast überall im Harz), aber der eigentliche Knüller ist natürlich die Walpurgisnacht aus Faust eins. Mit der unschlagbaren Kapitelüberschrift: „Walpurgisnacht, Harzgebirg, Gegend von Schierke und Elend“.

Anschließend rocken Faust und Mephistopheles los – aber darüber mehr, wenn die nächste Walpurgisnacht ansteht.

Vor Weihnachten noch einmal auf den Brocken

Vorher mache ich mich noch einmal rauf auf den Brocken. Zusammen mit Fred Haberland, „Manager Großstandorte“ bei der Deutsche Funkturm GmbH, und als solcher zuständig für die Sendeanlage auf dem Berg.

65 Sendeturm Brocken

Dieser rot-weiß gestreifte Mast ist wohl das markanteste Zeichen auf dem höchsten Gipfel Norddeutschlands. Mit 123 Metern überragt er die offizielle Brocken-Gipfelhöhe von 1141,2 Metern beträchtlich; jedem Wanderer, der von Ilsenburg aus über den steilen Kolonnenweg nach oben geht, signalisiert sein Anblick, dass es bald geschafft ist.

Laut Internet wurde der Sendeturm 1973 errichtet, er wird in diesem Jahr also 50 Jahre alt. Aber leider sind diese Informationen unvollständig: 1973 wurde mit dem Bau begonnen, fertig gestellt und in Betrieb genommen wurde der neue Sendemast erst drei Jahre später.

Zeit also, sich dieses Brocken-Wahrzeichen einmal etwas genauer anzusehen.

Eigentlich war die Wettervorhersage gut: mäßige Temperaturen, kein Niederschlag, auf dem Weg Richtung Schierke kam sogar ein paar Mal die Sonne durch. Aber der Brocken ist anders. Am Straßenrand werden die Schneewehen zunehmend höher – und dann kommt der Nebel. Erst ein paar Streifen, dann immer dichter. Kurz vor dem Gipfel ist auf der linken Seite die Haltestelle der Brockenbahn kaum zu erkennen; und wo bitte steht hier ein Sendemast? Nichts als graue Suppe und ein paar schemenhafte Gebäude.

65 Haberland vor Turm

Statistiken sagen, dass der Brocken an rund 300 Tagen im Jahr im Nebel liegt, und Meteorologen können genau erklären, warum das so ist (Subalpines Klima, Insellage in einer weiten Ebene, dadurch reichlich Wind und Regen). Oder es ist einfach Pech: Keine weite Sicht und schon gar keine Sonne.

Über den Sendemast werden noch heute zehn Rundfunksender – analog und digital – und drei digitale Fernsehsender ausgestrahlt. Auch in Zeiten von Kabel und Digitalisierung hat er seine Bedeutung behalten.

Überraschend für Außenstehende: Das alles läuft ferngesteuert und weitgehend automatisch. In dem Gebäude, das zu dem Sendeturm gehört, und das 1995 feierlich eingeweiht wurde, sitzt heute niemand mehr. Ein bis zweimal im Monat schauen Servicekräfte vorbei und sehen nach dem Rechten, und dann gibt es noch die große Jahreswartung, bei der alles komplett inspiziert und der Sendebetrieb für eine kurze Zeit sogar abgeschaltet wird.

Also alles ruhig rund um den Turm – nicht nur zu Weihnachten.

Bei der Begehung der Technik-Etage (Fotografieren verboten!) überrascht, wie wenig Platz für so einen üppigen Sendebetrieb ausreicht. In Server-Schränken summt, brummt und blinkt es dezent vor sich hin, und nur an den Kabeln, die dick wie Feuerwehrschläuche zum Sendemast führen, ist zu ahnen, welche Datenmengen hier durchgeschleust werden.

65 Sendeturm Detail

Draußen, auf einer Art Stahlgerüst, das in einiger Höhe zum Sendeturms führt, kommt man den Dimensionen dieses Mastes nahe. Die vier Stahlträger haben kein Fundament, sie sind mit Krallen stabil im Granit verankert. Auf den drei umlaufenden Ringen sind die eigentlichen Sender angebracht, das obere kreisförmige Gitter dient lediglich zum Schutz gegen herabfallende Eisbrocken. Fred Haberland: „Die können im Extremfall tonnenschwer sein.“ Nach oben klettern wir nicht – von der Umgebung wäre kaum etwas zu erkennen und für Ungeübte und Höhenängstliche ist es bei den Wetterbedingungen noch schwieriger.

Haberland sieht das cool: „Wenn man beim Aufsteigen erstmal über der Baumgrenze hinweg ist, ist alles kein Problem mehr.“ Aber er weiß auch von schwierigen Rettungseinsätzen zu berichten, wenn Techniker von einer Plattform geborgen werden mussten. „Schwindelfreiheit ist Job-Voraussetzung.“

Als in den dreißiger Jahren das Medium Fernsehen entwickelt wurde, begannen die Planungen für geeignete Senderstandorte. Berggipfel waren wegen ihrer Reichweite favorisiert, und hier wiederum insbesondere der Brocken, weil er hoch über einer weiten Ebene aufragt. 1936/37 wurde folgerichtig hier der erste deutsche Sendeturm überhaupt gebaut – wobei der weniger wie ein Turm sondern mehr wie ein Hochhaus aussah. Auf alten Fotos sind 16 Etagen erkennbar.

Was heute noch gebraucht wird, ist ein ständiger Zugang zum Sendeturm – auch bei winterlichem Extremwetter. Haberland: „Hier kann sich der Schnee meterhoch auftürmen, dann kommt man von außen nicht mehr an den Mast heran.“ Für diese Fälle gibt es einen unterirdischen, leicht unheimlichen Zugang. Mit einem Spezialschlüssel geht es die Treppe herunter und dann durch einen engen Gang direkt unter den Mast. Von hier könnte man jetzt bei allen Wetterbedingungen nach ganz oben steigen.

Aber das ist nur was für Profis, die auch bei Eis, Schnee, Wind und Kälte angstfrei in die Höhe klettern.

Wir haben genug gesehen und machen uns auf den Rückweg. In Schierke ist der Nebel wieder verschwunden, und Schnee gibt es auch nicht mehr. Ein paar Wanderer begegnen uns. Der Brocken zieht sie an, bei jedem Wetter.

Sogar – oder gerade – an Weihnachten steigen einige auf den Berg.

Die Ausstellung des Harz-Malers Pascha Weitsch in Braunschweig war hier das Thema.

Dann waren wir hier auf Arztsuche in Hasselfelde.

Und hier ging es um die besten Webcams im Harz.

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