Die Quedlinburger Bimmelbahn, Schultüten und ein auffälliger Pilz

Harzletter, der Achtundvierzigste.

Der Sommer ist zurück, der Dauerregen setzt zumindest für die kommende Woche aus.

Und ich gönne mir ein kleines Vergnügen, an dem ich fast jeden Tag vorbei laufe und das ich schon seit langem auf dem Zettel habe: eine Fahrt mit der Quedlinburger Bimmelbahn.

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Die Bimmelbahn gehört zum Quedlinburger Stadtbild einfach dazu. Kein Wunder, denn sie ist allgegenwärtig; jede Stunde ab zehn Uhr morgens zieht sie ihre Kreise durch die historische Altstadt. Wo und wann immer man dort unterwegs ist, begegnet man ihr – gemächlich fahrend, ab und an bimmelt die kleine Glocke vorn auf der „Lok“, hinter den Fenstern meist neugierige und gut gelaunte Gesichter.

Kurz vor elf stehe ich am Haltepunkt der Bahn in der Marktstraße. Das Eiscafé Blumenbunt gegenüber könnte sich keinen besseren Standort denken; wer hier auf die Bimmelbahn wartet, holt sich sicher noch ein oder zwei Kugeln.

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Die Bahn sieht aus wie eine Kinder-Dampflok, ist aber natürlich eine ganz normale nett umgebaute Zugmaschine. Dahinter zwei Personenwagen, in denen jeweils bis zu rund 25 Personen Platz finden können. Wobei „Platz finden“ ein sehr optimistischer Begriff ist: Die Sitzreihen sind schmerzhaft eng hintereinander eingebaut. Wer größer als 1,80 m ist, muss seine Knie irgendwie hoch, quer oder überkreuz verstauen, der Begriff „barrierefrei“ spielt hier so gar keine Rolle. Kleiner Tipp an die Betreiber: eine Sitzreihe weniger und die Kundenzufriedenheit wird sich exponentiell steigern. Vor allem, weil die meisten Mitfahrenden im Rentenalter sind und ein bisschen Komfort schätzen würden.

Premium-Platz neben dem Bimmelbahn-Fahrer

Ich habe Glück: Der Fahrer sieht beim Kassieren (Erwachsene 9 Euro, Kinder 4 Euro), dass ich mich irgendwie in die Bank gequetscht habe, und bietet mir – aus Mitleid? – den Platz ganz vor neben ihm auf der Lok an. Bingo!

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Beide Wagen sind trotz der Enge bis auf jeden Platz besetzt, als es Punkt elf losgeht. Vom Start an bewundere ich den Fahrer. Mit der rechten Hand steuert er die Lok – sie hat ein Schaltgetriebe, es ist also mit Gasgeben und Bremsen nicht getan – in der linken Hand das Mikrophon, in das er ohne jede Pause den Weg und die Stadt erklärt. Klar, er macht das sieben Mal pro Tag, und das seit 16 Jahren, da kann man seinen Text auswendig. Aber der Weg geht durch Fußgängerzonen, durch enge Gassen und holprige Kopfsteinpflasterwege, es kommen Autos entgegen, Fußgänger kreuzen, ein paar Radfahrer sind auch unterwegs. Da kann man nicht einfach im Halbschlaf seine Runde machen.

Diese Tour führt wirklich durch die wesentlichen Teile der historischen Altstadt. Und das was erzählt wird, ist weit mehr als nur Blabla. Ich kenne mich inzwischen einigermaßen in Quedlinburg und in seiner Historie aus, aber ein paar Fakten waren mir neu. Zum Beispiel die Geschichte vom Haus der Städteunion zwischen Celle, Hameln, Hannoversch-Münden, Herford und Quedlinburg in der Hohe Straße 8. Dies Städteunion entstand 1990, um sich nach der Wende gegenseitig zu unterstützen; die Zusammenarbeit hält bis heute an, vor allem auf touristischem Gebiet.

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Zwischendurch gibt es natürlich reichlich Unterhaltsames über Kaiser, Könige und Äbtissinnen – Quedlinburg hat da bekanntlich Einiges zu bieten.

Nach rund 35 Minuten biegen wir wieder auf den Kornmarkt und in die Marktstraße ein: Applaus der Fahrgäste; scheinbar waren alle zufrieden. Und ich muss noch nicht einmal meine Beine entknoten – vorn am Führerstand gab es natürlich reichlich Platz.

Einschulung in der Marktschule
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Am 19. August war Einschulung in Sachsen-Anhalt, deshalb waren an dem Tag überall in der Stadt herausgeputzte Erwachsene und Kinder mit großen Tüten zu sehen. Ein wichtiger Tag für alle Beteiligten; man konnte die Freude und die Erwartung in den Gesichtern sehen. In der Marktschule hat man die Schul-Neulinge aufmerksam und freundlich empfangen: ein festlich geschmücktes Treppenhaus führte zu den Klassenräumen, draußen auf dem Schulhof waren die Schultüten schön um einen Baum drapiert, wo sie später abgeholt wurden. 27 Kinder werden dort neu in der ersten Klasse beginnen und natürlich wünscht man allen nur das Beste.

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Der Tintenfischpilz

Ein Pilz sorgte in der Lokalpresse für einige Aufregung. Mehrere Wanderer wunderten sich über leuchtend rote Tentakeln und auffälligen Gestank. Es handelt sich dabei um den Tintenfischpilz, der vor über 100 Jahren aus Australien, Neuseeland und Malaysia eingeschleppt wurde und sich zur Zeit im Harzvorland rasant ausbreitet. Theoretisch ist er essbar, aber wegen seines Geruchs wäre das wohl kein großer Genuss. Optisch macht er auf jeden Fall etwas her (Foto: Frank Schaible, wikipedia).

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Der Newsletter der vergangenen Woche über das Schaubergwerk Büchenberg findet sich hier.

Über die neuen Quedlinburger Restaurants Genussspinner und Kiku gibt es hier zu lesen.

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